Seelenwanderung, Reinkarnation und Gottes-Gen

Tod

Der Tod hat etwas endgültiges, beendet das Leben. Jedenfalls jenes auf Erden. Was danach kommt oder auch nicht kommt, darüber haben sich Philosophen, Theologen, Mediziner, Soziologen und Künstler seit alters her Gedanken gemacht.

Der Tod und die Sehnsucht auf Erlösung durch den Tod ist eine Sehnsucht, die so alt ist wie die Menschheit. Aus prähistorischen Funden versuchen Wissenschaftler Rückschlüsse auf die Spiritualität des Urmenschen zu ziehen. So haben Archäologen der Universität Tübingen vor einigen Jahren eine Flöte aus Elfenbein der Öffentlichkeit präsentiert, die knapp 20 Zentimeter lang ist und auf der sich sieben Töne hervorbringen lassen.

In mühsamer Arbeit haben die Wissenschaftler das Instrument aus Splittern zusammengesetzt. Sie wurden vor Jahrzehnten in der Geißenklösterle-Höhle auf der Schwäbischen Alb gefunden. Diese Flöte ist der älteste Nachweis für die Musikalität des Urmenschen. Vermutlich waren es Neandertaler, die im eiszeitlichen Europa auf dem Instrument spielten. Doch zu welchen Anlässen?

Elfenbein war schwer zu bearbeiten und war kostbar. Die Forscher nehmen daher an, dass die Flöte keinem profanen Zweck gedient hat, sondern vielleicht bei Bestattungen angestimmt wurde oder Kulthandlungen begleitete.

Wohin geht die Seele des Verstorbenen?

In manchen Kulturen geht die Seele des Verstorbenen in einen anderen Körper über, was bedeutet, dass man nicht mehr der ist, der man einmal war. Der Begriff Reinkarnation bezeichnet keine bestimmte Lehre, sondern fasst eine Vielzahl verschiedener Lehren zusammen.

Man findet ihn im Hinduismus ebenso wie im Buddhismus. Im Judentum beziehungsweise in der hebräischen Bibel ist der Begriff nicht zu finden, er wird aber an mehreren Stellen im Talmud kontrovers diskutiert und kann, so ist bei Wikipedia zu lesen, als ein grundlegendes Element der Kabbala betrachtet werden.

In Helmut Zander´s Monographie "Geschichte der Seelenwanderung in Europa" ist zu erfahren, dass sich auch in der christlichen Bibel keine Reinkarnationsvorstellungen finden, ja nicht einmal eine Anspielung an solche und auch der Reinkarnationsgedanke im Islam habe viele Gemeinsamkeiten mit derjenigen innerhalb der anderen beiden abrahamitischen Religionen. Auch hier lehnen die meisten Vertreter der Hauptströmungen - die Sunniten und Schiitien - das Konzept der Reinkarnation ab.

Der Tod, das endgültige Ende?

Tatsächlich ist die Vorstellung einer wiederholten Inkarnation der individuellen Seele schwerlich mit dem traditionellen Verständnis des Glaubens an die persönliche Auferstehung am Tag des jüngsten Gerichts vereinbar. Doch was ist das dann für ein Weiterleben, wenn der Geist aufersteht? Sieht nicht das traditionelle Modell der westlichen Welt ein körperliches Weiterexistieren nach dem Weltende vor und zwar nach einer spektakulären Wiederherstellung aus dem Grabe heraus. Für den Rechtsphilosophen Peter Strasser erfordert dieser Gedanke ein Urteil über die Körperlichkeit. Also ein Urteil, ob zum Person sein das Körpersein dazugehört.

Vertritt man die Ansicht vieler aufgeklärter Menschen in unserer Zeit, die meinen, dass der Tod das Ende der körperlichen und seelischen Existenz bedeutet, dann habe man, so Peter Strasser, das Problem auf radikal negative Weise gelöst. Es bedeutet, dass der Tod auch der Tod des Bewusstseins ist und zugleich bedeutet es, so der Grazer Rechtsphilosoph, dass das Gehirn das Bewusstsein hervorbringt.

Wie kann man das Nichts denken?

Wie kann man das Ungewisse beschreiben? Hirnforscher haben sich auf auch auf diese Spur gemacht. Der Mensch glaubt, so sagen Theologen, weil er, wenn er über sich hinausdenkt, eine transzentendete Heimat braucht. Einen Himmel. Ein metaphysisches Dach über dem Kopf. Gott genannt. Oder Allerhabenes Wesen. Oder Seinsgrund. Oder Ewige Substanz. Nirwana. Prana. Aura.

Jeder denkende Mensch, so heißt es, will Antworten bekommen. Mehr noch: Er will erkannt werden. Der Mensch glaubt, weil er gesehen werden will und es gut sei, die eigene fragile Existenz in der Obhut eines Mächtigeren zu wissen. Vertreter der jungen Neuro-Theologischen Disziplin sagen: "der Mensch glaubt, weil Gott im Scheitellappen wohnt. Der Geist sei zwar zwangsläufig mystisch aber mystische Erfahrung sei biologisch real, also naturwissenschaftlich messbar; religiöses Erleben habe neurophysiologische Grundlagen; ergo ist Gott ein Produkt des Gehirns, der im Scheitellappen wohnt und Gott findet daher einen Weg durch die Nervenbahnen des Gehirns." Andere behaupten es sei eine gewagte These, Gott als dem Menschen immanent zu sein.

Zwar bestätigt der Münchner Hirnforscher Ernst Pöppel, dass Meditation und Trance eine "rechtshemisphärische Aktivität in jenem Teil des Gehirns aufweisen, das mit emotionaler Bewertung zu tun hat". Die Behauptung, dass es ein Glaubens-Modul im Gehirn gibt, hält er jedoch für Unsinn. Es werde, so der Hirnforscher am Max Plank Institut in München, lediglich ein Raum-Zeit-Muster aktiviert, das typisch ist, wenn bestimmte Seelenzustände repräsentiert werden."

Basiere Religion nur auf gelernten, kulturellen Traditionen?

Der Molekularbiologe Dean Hamer hat 2004 das Ungeheuerlichste zu sagen gewagt und behauptet, dass es ein Gottes-Gen gäbe. Religion, behauptet Dean Hamer, basiere auf kulturellen Traditionen, die gelernt oder imitiert würden. Glaube aber sei Instinkt, und Spiritualität stecke deshalb im Genom des Menschen. Der Mensch glaubt also, weil ihm seine Gene nichts anderes übrig lassen, oder weil der homo naturaliter religiosus, dessen Geist immerzu nach Erklärungen sucht, gar nicht anders kann. In diesem Sinn ist der Mensch von Natur aus religiös, weil er von Natur aus vertraut.

"Vertrauen in die Realität gehört für den Hirnforscher Ernst Pöppel zur Grundausstattung des Menschen". Er braucht es, um in einer hoch differenzierten, hypersensiblen, auf zerbrechlichen Übereinkünften basierenden Umwelt zu überleben und zurechtzukommen. Und dieses Ur-Vertrauen ist in allen Religionen zu finden. Glaubt der Mensch also, weil er hoffen will? Hoffen auf ein Weiterleben in einer anderen Welt, durch seine Werke oder Nachkommen?