"Wie geht es eigentlich Ihnen?"

Die übersehene Mutter

Schwangerschaft, Geburt und die Monate danach beeinflussen die Interaktion zwischen den Eltern und ihrem Baby und damit dessen soziale, emotionale und geistige Entwicklung. Doch wer fragt die Väter und Mütter, wie sie zurechtkommen?

"Wie geht es Ihnen?" Bei dieser Frage kommen viele Eltern ins Reden, oder ihnen kommen die Tränen, lang aufgestaute Trauer, Enttäuschung oder Erschöpfung bricht sich Bahn.

Es ist die Frage, die in ihrer Arbeit oft den Wendepunkt bringt, sagt die Kinderärztin Katharina Kruppa am Preyerschen Kinderspital in Wien. Denn viele Mütter und Väter sind es davor nicht gefragt worden - nicht während der Schwangerschaft, nicht bei den ärztlichen Untersuchungen zum Mutter-Kind-Pass, und schon gar nicht auf Ämtern und Behörden. Doch nicht immer sind Freunde und Freundinnen oder Eltern da, denen man gerne sein Herz ausschütten möchte. Und so bleibt Belastendes unausgesprochen, bleibt vielleicht auch unbewusst.

Die sichere Basis, manchmal fragil

Warum ist diese Frage so wichtig, nach dem Wohlbefinden der Eltern? Eine sichere Bindung zwischen Kindern und Eltern ist eine wichtige Grundlage für eine positive Entwicklung der Kinder.

Immer mehr ist die Bedeutung der Bindung (im Sinn der Bindungsforschung) in den Blickpunkt von Psychologie, Pädagogik, Medizin gerückt. Aber auch das, was eine gute Bindungsqualität ermöglicht: die abgestimmte, feinfühlige Kommunikation zwischen Eltern und ihren Babies. Es ist allerdings eine Interaktion, die durch vieles gestört werden kann.

Es muss nicht gleich eine Depression sein, die Mütter oder auch Väter hindert, ihre Babies voll wahrzunehmen, sich emotional ganz auf sie einzulassen. Es kann auch die Enttäuschung über eine Geburt mit Komplikationen sein - anders, als die werdende Mutter es sich gewünscht hatte. Oder über fehlende Anteilnahme von Angehörigen, der Eltern; vielleicht auch die Trauer über eine schiefgegangene frühere Schwangerschaft oder über Ereignisse in der eigenen Familiengeschichte.

Das afrikanische Dorf

Eltern können auch schlicht und einfach überfordert sein - schon Beide, und erst recht Alleinerziehende. Manche Partnerschaften wachsen an der gemeinsamen Aufgabe, doch nicht alle Beziehungen können sich auf völlig geänderte Bedingungen umstellen; nicht wenige Paare gehen rund um Schwangerschaft und Geburt auseinander.

Zurück bleibt eine Aufgabe, die jede(n) überfordern kann. Nicht umsonst heißt ein afrikanisches Sprichwort: Es braucht ein Dorf, um ein Kind großzuziehen. In der Realität unserer gegenwärtigen Gesellschaft ist dieses Dorf meistens nicht verfügbar und Eltern bleiben mit ihrer Aufgabe mehr oder weniger allein.

"Mothering the mother": Das Netzwerk knüpfen

Emotionale Sicherheit der Mutter, das Gefühl des Aufgehobenseins schon während der Schwangerschaft steht am Beginn einer gut verlaufenden Mutter- und Elternschaft. Das Salzburger Kuratorium für Psychische Gesundheit hat eine Fragebogenaktion begonnen, um zu erfassen, wie es werdenden Müttern mit ihrer Situation geht.

Erste Ergebnisse: Rund zwei Drittel der Schwangeren fühlen sich gut, und gut auf ihre Schwangerschaft und Geburt vorbereitet. Das restliche Drittel fühlt sich zum Teil etwas (28 Prozent), zum Teil auch stark belastet (6 Prozent). Ihnen wird Beratung und Unterstützung angeboten.

Mit dem Projekt "Wie ich mich fühle" bekomme die Befindlichkeit der werdenden Mutter zum ersten Mal explizit einen Stellenwert zuerkannt, sagt Primar Manfred Stelzig, Vorsitzender des Kuratoriums.
Ein Netzwerk, das Kinder auffangen kann, muss zunächst die Eltern tragen.