Methoden der Geografie

Für eine Welt im Wandel

Die moderne Geografie bietet Hintergrundinformationen und Vergleichsmaterial, Modelle und Daten, Rückblicke und Ausblicke für eine Welt im Wandel, die geprägt ist durch Klimaerwärmung, Umweltgefahren, Migration und Globalisierung.

Die Spezialisierung der Geografie sei ihre Breite, sagt Heinz Fassmann, Professor am Institut für Geografie und Regionalforschung der Universität Wien. Das werde dem Fach oft auch vorgeworfen, biete aber die Chance, die wichtige Verbindung zwischen verschiedenen Themen und Disziplinen zu schaffen. Sie könne zum Beispiel darstellen, wie Stadtentwicklung und Migration zusammenhängen, wie sich die Stadt durch die Zuwanderer verändere und wie die Zuwanderer durch die Stadt geprägt werden und wie unterschiedlich diese Entwicklungen vor sich gehen, wenn die Zuwanderer konzentriert in bestimmten Vierteln einer Stadt leben oder verteilt über die Stadt.

Die Geografie kann dazu mittels Zeitreihen in die Vergangenheit schauen, sie kann zwischen Ländern vergleichen, sie kann einzelne Städte oder Landschaftsentwicklungen beschreiben oder mit Szenarien Vorhersagen für die Zukunft treffen. Die Geografie könne damit auch wichtiges Orientierungswissen für die Politik anbieten, meint Heinz Fassmann.

Mensch und Umwelt in Wechselwirkung

Johann Stötter forscht am Institut für Geografie der Universität Innsbruck über Gletscher, Permafrost und Lawinen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und liefert damit wichtige Daten für das Management von Naturgefahren und Risiko.

Gerade in diesem Bereich sei es wichtig, eine Verbindung zwischen Naturwissenschaften und Sozialwissenschaften herzustellen, was derzeit noch zu wenig gelinge, meint er. Der Vorteil der Geografie sei, dass sie in beiden Bereichen ein Standbein habe. Zwar müssten sich auch Geographen im Laufe ihrer Ausbildung an der Universität spezialisieren, sie würden von ihrer Grundausbildung her aber eine gemeinsame Sprache sprechen. Das erleichtere den Austausch zwischen den Fachgebieten.

Für das Leben lernen wir

Der breite Zugang zur Welt mit Hilfe der Geografie spielt auch in der Schule eine wichtige Rolle. Man könne in zwei Unterrichtsstunden pro Woche nicht alle Fakten dieser Welt vermitteln, sagt Christian Vielhaber, der sich am Institut für Geografie und Regionalforschung der Universität Wien mit der Didaktik der Geografie beschäftigt.

Ziel des Faches sollte vielmehr sein, jungen Menschen zu zeigen, wie sie Welt sehen können. Natürlich gebe es einen gewissen Kanon an geographischem Wissen, der vermittelt und gewusst werden sollte, gleichermaßen wichtig oder vielleicht sogar wichtiger sei jedoch das vielzitierte "Lernen für das Leben" durch eigene Erfahrungen.

Globalisierung vermitteln

Zusammenhänge herzustellen und Lernen durch eigenes Forschen und Erleben zu fördern ist auch das Anliegen von Ingrid Schwarz, die Geschäftsführerin der entwicklungspolitischen Organisation Südwind Niederösterreich Süd mit Sitz in Wiener Neustadt ist und am Institut für Geografie und Regionalforschung der Universität Wien und an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien-Krems in der Lehrerausbildung tätig ist.

Sie beschäftigt sich mit der Frage, wie Globalisierung in der Schule adequat vermittelt werden kann und verbindet dafür das Konzept des Globalen Lernens mit der Theorie der Orte und Nicht-Orte.

Globales Lernen

Globales Lernen ist ein Konzept, das die Fähigkeit fördern soll, die Einheit der menschlichen Gesellschaft, die globalen Zusammenhänge und die eigene Position und Teilhabe daran wahrzunehmen. Durch globales Lernen sollen Menschen befähigt werden, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, die Welt aus der Sicht anderer zu betrachten und auf Basis verschiedener Betrachtungsweisen Urteile zu bilden. Eigenes Handeln und Nichthandeln sollen dadurch in Hinblick auf die globale Gesellschaft und die sozialen und ökologischen Folgen reflektiert werden können.

Globalisierung suggeriere eine Ortslosigkeit, die verunsichere, sagt Ingrid Schwarz. Sie sieht deshalb einen besonderen Auftrag für das Fach Geografie und Wirtschaftskunde darin, gute Bedingungen für politische Bildungsarbeit zu schaffen. Nach der Theorie der Orte und Nicht-Orte müssten Räume geschaffen werden, in denen Vertrauen, Sicherheit und Offenheit herrschen.

Global Action Schools

Wie globales Lernen umfassend in der Schule ermöglicht werden kann, zeigt das von Südwind Niederösterreich und Welthaus Diözese Graz-Seckau durchgeführte EU-Projekt "Global Action Schools“, das im Jahr 2006 begonnen wurde. Beteiligt sind Volksschulen, Hauptschulen, Berufsbildende Höhere Schulen und Gymnasien aus Österreich, England, Polen, Tschechien, der Slowakei, Malta und Thailand.

Das Projekt bezieht alle Unterrichtsfächer mit ein, die in irgendeiner Form mit dem Thema Globalisierung zu tun haben, das Fach Geografie und Wirtschaftskunde habe aber sicher einen zentralen Stellenwert dabei, sagt Ingrid Schwarz.

Landkarten immer noch wichtig

Ein typisches Ding, das im Geografieunterricht eingesetzt wird, ist die Landkarte. Die Karte als physischer Gegenstand zum Aufhängen oder in gebundener Form im Atlas spielt dabei immer noch eine wichtige Rolle, allerdings werden mehr und mehr auch elektronische Karten verwendet. Sie bieten den Vorteil, dass sie weniger physischen Platz brauchen, dass man darin leichter suchen und finden kann und dass sie mehrere Ebenen an Information liefern können.

"Atlas der Schweiz“

Das herausragendste Beispiel für die Vielfalt einer Landkarte ist der sogenannte "Atlas der Schweiz“. Es handelt sich dabei um eine DVD, die einzigartigen Zugang zu mehr als 1000 aktuellen Themen aus den Bereichen Natur und Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft, Staat und Politik sowie Europa bietet.

Der "Atlas der Schweiz“ bietet die Möglichkeit, auf zwei- und dreidimensionalen Karten der Schweiz die unterschiedlichsten Informationen anzeigen zu lassen. Man kann hinein- und heraus zoomen, Karten transparent übereinanderlegen, Themen nebeneinander platzieren oder auf einer Karte eine zeitliche Entwicklung - zum Beispiel jene der Landwirtschaft in einem Gebiet - als Animation ablaufen lassen.

Für die Lesbarkeit von Informationen mit Raumbezug sei eine Karte immer noch das bevorzugte Werkzeug, sagt Lorenz Hurni, Vorsteher des Instituts für Kartografie der ETH Zürich ist Chefredaktor des "Atlas der Schweiz“.

Wenn Fachleute fehlen

Die im Internet verfügbaren Karten von Google Maps oder Google Earth hätten für die schnelle Suche nach Informationen durchaus ihre Berechtigung, so Lorenz Hurni. Der Betrachter müsse dort aber einen höheren Interpretationsaufwand leisten.

Das Problem sei, dass manche Regionen oder Orte schlecht belegt seien, manche Informationen nicht stimmen und inhomogen sind. Da die Benutzer selbst Bilder und Texte einfügen können, sind die Karten oft auch mit Informationen überfrachtet. Viel mehr als das stört den Kartografen aber die "Trivialisierung von Produkten“, wie er es nennt - zum Beispiel für den Tourismus. Diese Karten würden oft schnell und billig hergestellt, häufig nicht einmal von Fachleuten, und würden die Betrachter mehr verwirren, als informieren.