Uiguren, Huihui und Han-Chinesen

Islam in China

20 Millionen Muslime leben in der Volksrepublik China. Internationale Aufmerksamkeit erlangte vor allem die Gruppe der Uiguren. Ihre Unabhängigkeitsbestrebungen wurden im Jahr 2009 von Peking mit massiver Gewalt unterdrückt.

Rund 200 Menschen starben und an die 1.700 wurden verwundet, als es im Juli 2009 zu Ausschreitungen in der nordwestchinesischen Provinz Xinjiang kam. Auslöser war der Mord an zwei uigurischen Wanderarbeitern in einer Spielzeugfabrik.

Die Behörden in Peking bemühten sich zunächst, diesen Zusammenhang abzustreiten und gaben die Hauptschuld am Aufruhr Exiluiguren. Diese hätten den Vorfall in der Spielzeugfabrik ausgenutzt und die Uiguren vom Ausland aus aufgehetzt. Hunderte Menschen wurden nach den Ausschreitungen verhaftet. Eine Reihe angeblicher Drahtzieher ist inzwischen zu lebenslanger Haft oder zum Tode verurteilt worden.

Uiguren und Han-Chinesen

20 Millionen sunnitische Muslime leben in der Volksrepublik China, mehr als die Hälfte von ihnen in Xinjiang. Die mit 8,5 Millionen Angehörigen größte muslimische Gruppe in Xinjiang sind die Uiguren, ein Turkvolk mit einer langen Geschichte, dessen Siedlungsgebiet erst im 18. Jahrhundert ins chinesische Reich eingegliedert wurde.

Nach der Gründung der Volksrepublik China 1949 wurde die Sinisierung von Xinjiang gezielt voran getrieben. Heute machen Han-Chinesen bereits mehr als 40 Prozent der Bevölkerung von Xinjiang aus.

Der Kampf um Jobs und ökonomische Chancen ist ein Grund für die Konflikte zwischen Uiguren und Han-Chinesen. Während Han-Chinesen zuwandern, ziehen viele Uiguren auf der Suche nach Arbeit in die großen Städte an der Ostküste.

Dazu kommt, dass der Zerfall der Sowjetunion und die Entstehung unabhängiger Staaten wie Usbekistan, Tadschikistan, Kirgistan oder Kasachstan auch bei den Uiguren neue Hoffnung auf Eigenständigkeit geweckt hat.

Islam und Muslime als nützlicher Sündenbock

Wang Jianping, Professor für Islamistik an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, nennt aber auch Versäumnisse und Versagen der chinesischen Politik als eine wesentliche Ursache für die Verstimmung der Uiguren. "Die Regionalregierung in Xinjiang sieht im Islam und in den Muslimen einen nützlichen Sündenbock. Die Regionalregierung beschuldigt die Muslime, die Sicherheit und Stabilität zu gefährden und verhängt Einschränkungen über die Muslime. Die fühlen sich natürlich verletzt, denn in anderen Teilen von China sind die Muslime in ihrer Religionsausübung wirklich frei, und diese Verletzungen führen bei manchen zu einer Radikalisierung.“

Der chinesische Islam

Ethisch, kulturell und historisch unterscheiden sich die rund 9,5 Millionen Hui oder Huihui, wie die chinesischen Muslime auch genannt werden, von den Uiguren. Die Hui leben in allen Teilen von China und stellen keine homogene Gruppe dar. Auch der chinesische Islam ist durch eine große innere Vielfalt gekennzeichnet.

Die ältesten Vorfahren der Hui gelangten schon bald nach der Entstehung des Islam im 7. Jahrhundert nach China. Sie kamen aus Persien, Arabien und Zentralasien. Ihre Geschichte verlief stets wechselhaft. In der Mao-Ära und insbesondere während der Kulturrevolution von 1966-1976 wurden viele Moscheen zerstört. Die von Deng Xiaoping Ende der 1970er Jahre eingeleitete Öffnungspolitik haben die Hui-Muslime dann aber zur Festigung ihrer eigenen Gemeinden genutzt, und auch die internationalen Beziehungen haben sich verstärkt.

Peking ist aus ökonomischen Interessen an guten Beziehungen zum Iran und zu Saudi-Arabien interessiert. Doch es will nicht, dass sich diese Länder in die Angelegenheiten der chinesischen Muslime einmischen, und es will verhindern, dass der politische Islam oder radikale islamische Strömungen die chinesischen Muslime beeinflussen.

Hör-Tipp
Dimensionen, Mittwoch, 11. November 2009, 19:05 Uhr

Buch-Tipps
Dru Gladney, "Dislocating China", Univ of Chicago Pr

James Millward, "Eurasian Crossroads - A History of Xinjiang", Columbia Univ Pr