Untertitel gibt's kaan!
Ich kotz mich gleich an
Heute verwöhnt Sie der Autor mit Einzelnachweisen seines eigenen Wahninns. Nein, kleiner Scherz, in echt lesen Sie spannende News aus der Welt der Ladakunde, aber auch der Freundschaftskunde und Tipps aus dem Wahlfach "Zeitgeschichte aus zweiter Hand"!
8. April 2017, 21:58
Und dann wollten sie auch noch die Heiratsurkunde sehen, nachdem ich ihnen ein halbes Jahr zuvor bereits den Scheidungsvertrag gach vorbeigebracht hatte, sonst nichts zu tun, und ich sage Euch: Wer im Südburgenland etwas verkaufen will, sei's auch nur die Brandruine, der stelle sich auf Wartezeiten ein wie dazumal in Ungarn, ehe der Mock Europa den Keuschheitsgurt fidel zerzwickte, als man sich denn mehr als viertausend Jahre zu gedulden hatte, bis man ein ranziges, nach realsozialistischen Maßgaben jedoch nagelneues kleines Auto bekam zum Preis von zwanzig Jahresgehältern, einen russischen Mercedes, wie der magyarische Volksmund den viereckigen, mit Hammer und Sichel zusammengeschusterten Lada koste, für den in der Zeit meiner Kindheit auch im österreichischen TV, nach Pinocchio, geworben wurde mit dem Schlagwort "Langzeitauto", was hier keine Sau interessierte, denn der Österreicher beliebte damals zwischen japanischem Edelstrohfeuer namens Mazda und urdeutschem Modestahl in Form des BMW zu wählen, vorzugsweise schon ein Dieselmodell!, das in der Gasse klang wie ein übermannshohes in der Kolchose genutztes Etwas, während im 46er noch ein Schaffner im zweiten Waggon saß und alle DDR-Turnerinnen fahle Mädchen waren aus Asbest und Skorbut und trotzdem alles gewannen, ei! waren das Zeiten, aber dieser Lebensaufstrich ist längst abgehärtet und riecht nach Lada-Amaturenbrett, während die verbliebenen Segmente des ältesten Freundeskreises sich zuweilen noch in schalem Flackern aufbieten, als You-Porn-Connaisseur und Pulverschlucker, als Vinylologe mit Zahnausfall, als Motorradfahrer mit Erbsenzählersyndrom, als bekennende Neo-Pfadfinderin oder als dreifache Mutter, und sie alle langweilen mich wie sonst nur Hugh John Mungo Grants blaue Augen mich langweilen, mit ihren Kurznachrichten auf meinem Telefon, mit ihren erwachsenen Frauengeschichten, ihren Reisberichten über dort, wo arme Menschen am Straßenrand Taubenfüßchen knabbern, sie ziehen mir den ohnedies schon fransigen Magennerv, wenn sie im facebook mit mir chatten wollen und nicht und nicht aufgeben, wenn sie sich dauernd was ausmachen wollen, mit mir auf Urlaub fahren wollen, ich weiß nicht, Liebe wollen und dass man seine Schulden immer schön am nächsten Tag begleicht, ich kotz mich gleich an - war nicht früher der, wenn man so will, emotionale Mehrwert einer Freundschaft in der Möglichkeit begründet, das Telefon einmal nicht abzuheben und auch morgen nicht zurückzurufen und übermorgen auch nicht?, frag ich mich während abendlicher Verdauungsspaziergänge ;-), und ob ich nicht vielleicht den anderen genauso dumpf und ausgestopft erscheine, mit meinen Zettelplanwirtschaften, mit all den Schubladen mit erkaltenden Anfängen, mit meinen depperten Palindromen, Arztwitzen und dem Dings, dem Radio, denn ich vermute im Innersten, dass wir die alten Spiegelbilder ein klein wenig zu schnell überblättern und dass uns die Spontaneität abhanden gekommen ist, der Flash-Mob im Blut, die grauen blassblauen Trikots der Ostblock-Sportsfreunde, die Muße beim Warten auf einen Brief, auf dem Weg ins Kaffeehaus, und dass ich persönlich alles von Hand ersetzt habe mit nesselhafter Ungeduld beim Verkauf einer Brandruine, zynischen zeithistorischen Randnotizen und neckischen, weil kunsthandwerklichen 59-Zeilen-Sätzchen über das südburgenländische Behördenmetrum. Und aus.