Franzobel-Uraufführung bei Brucknerfest

Sarantos Zervoulakos, Schauspielregie

Von der Medizin wechselte er zur Kunst: Sarantos Zervoulakos, Jahrgang 1980, der am Reinhardt Seminar Wien Regie studierte und heuer beendet hat. Seine Diplom-Inszenierung von Ibsens "Peer Gynt" wurde im Körber Studio Hamburg gezeigt. Im September hat er ein Franzobel-Werk in Linz uraufgeführt.

"Bei mir war es - wie bei vielen anderen - dass mein Interesse durch Schultheater geweckt wurde. Zunächst begann ich aber mit dem Medizin-Studium. Allerdings merkte ich sehr bald, dass es nicht mein Weg ist. Und bereits nach einem Jahr begann ich als Regieassistent zu arbeiten. Ich habe auch diverse Praktika in anderen Theater-Bereichen gemacht, und war selbst als Schauspieler tätig.

Nach vier Jahren entschied ich mich endgültig für das Theater und brach das Medizin-Studium kurz vor dem Ende ab. Ich habe dann nach einer fundierten Ausbildung gesucht und bin an das Reinhardt Seminar gekommen", berichtet Sarantos Zervoulakos, gebürtiger Grieche aus Thessaloniki, Jahrgang 1980, über seine Anfänge.

Seit 2006 studierte der Nachwuchs-Regisseur am Wiener Max Reinhardt Seminar Wien bei Anna Maria Krassnigg und Michael Gruner. Abgeschlossen hat er im Sommer 2010.

Aufgewachsen ist der Deutsch-Grieche in Iserlohn/Nordrhein-Westfalen in Deutschland. Nach der Matura und dem Zivildienst in Berlin begann er zunächst mit dem Medizin-Studium.

Während dieser Zeit arbeitete er bereits unter anderem als Assistent bei Stefan Kimmig am Deutschen Theater in Berlin.

Der Methode wegen an das Seminar

"Ein ganz wichtiger Grund für mich war, dass am Reinhardt Seminar das Erlernen der Theaterkunst von Schauspiel- und Regiestudenten zusammen stattfindet. Dieser Grundgedanke des Workshops, den Max Reinhardt etabliert hat, war für mich ausschlaggebend", so Zervoulakos.

Eine einzigartige Direktheit

"Der Umgang mit dem Text, der ohne Musik - wie es bei der Oper wäre - auskommt, sondern aus dem Menschen heraus funktioniert. Dadurch ist eine einzigartige Direktheit erzielbar. Und aus dieser Direktheit heraus entsteht eine Jetzigkeit, die mir eine Interpretationsmöglichkeit eröffnet, die ich gerade beim Sprechtheater sehe. Das ist für mich das Reizvolle", erläutert der junge Regisseur seinen Zugang.

Text-Treue und Komik

"Es sind vor allem zwei Aspekte, die meine Arbeiten ausmachen: zum einen ist es die Suche nach der Komik aus der Situation heraus, in der sich die Menschen befinden. Aber keine erzwungene Komik oder gar Lächerlichkeit. Sondern in der Form, dass die Situation solange untersucht wird, bis sie so nachgebildet werden kann, dass man zwangsläufig lachen muss, weil man sie wiedererkennt. Und der zweite Aspekt ist, dass ich sehr textintensiv arbeite", stellt Zervoulakos fest.

"Peer Gynt" im Körber Studio und in Strasbourg

Seit 2002 konnte der ambitionierte Jung-Regisseur zahlreiche und vielfältige Theater-Praxis in verschiedensten Bereichen sammeln. Seit Beginn seines Studiums am Reinhardt Seminar hat Zervoulakos sechs Stücke inszeniert. Zuletzt Henrik Ibsens "Peer Gynt", den er im Dezember 2009 als seine Diplom-Inszenierung herausbrachte:

"Für mich sind Stücke, die einen Zeitraum von der Wiege bis zur Bahre umfassen, sehr beeindruckend. Denn da kann man auswählen, welche Stadien man bearbeitet. In meiner 'Peer Gynt'-Fassung habe ich mich auf die Jugend und das Alter konzentriert, und den Mittelteil ausgelassen.

Für mich war es hier eine Frage von Erfahrungswerten, die in der Jugend verarbeitet und Projektionen auf das Alter sind, die mit Ängsten, mit Sorgen zu tun haben. Und ich habe hier versucht, weil ich mit jungen Schauspielern gearbeitet habe, genau das zum Thema zu machen. Dass eben der Aspekt der Projektion auf das Alter entscheidender wird als die Tatsache, dass es wirklich alte Menschen sind."

Mit seiner erfolgreichen "Peer Gynt"-Produktion war das Reinhardt Seminar am 20. März 2010 im renommierten Körber-Studio Junge Regie in Hamburg eingeladen. Außerdem wurde die Inszenierung auch beim Festival Premières Strasbourg gezeigt.

"Starker Zugriff" bei Franzobel ...

Im Rahmen des "Zorn!"-Festivals am Seminar, das im Herbst 2009 stattfand, gelang Zervoulakos mit der Franzobel-Uraufführung von "Liebesgeschichte" ein "auffallend starker Zugriff", wie "Theater der Zeit" urteilte:

"Das war ein ganz aktueller Text, ein Roman-Text. Die Herausforderung dabei war, dass wir ihn aufgespalten und festgelegt haben, in welchem Rahmen dieser oder jener Satz jetzt gesagt wird. Ist es rein erzählerisch, oder wird es gegeneinander verwendet? So wurde es möglich, manche Stellen als epischen Text zu belassen."

Mehr zu Sophia M. Freynhofer in Ö1 Talentebörse

... mit besten Kritiken ...

Und die Presse bescheinigte dem ambitionierten Nachwuchs-Regisseur eine geglückte Umsetzung des Franzobel-Stoffes:

"Regisseur Sarantos Zervoulakos ist es mit Feingefühl und Mut zur Textentrümpelung gelungen, Franzobels slapstickhafte Zorntirade erfolgreich auf die Bühne zu bringen", urteilte der "Standard".

Und "Nachtkritik.de" berichtete unter anderem: "Sarantos Zervoulakos gelingt es auf wundersame Weise, die ausufernde Geschichte zu straffen, zu verdichten, Franzobels Sprachgewalt dabei herauszukitzeln und auf lediglich zwei Quadratmetern Spielraum gleichsam zur Explosion zu bringen. ... "

... und Uraufführung bei Brucknerfest 2010

Und aus dieser Arbeit ergab sich eine weitere Kooperation mit Franzobel: am 16. September 2010 hat Zervoulakos "Die Seemannsbraut - ein walsinniger Matrosenabend in 12 Knoten und 8 Shantys" im Rahmen des Brucknerfestes 2010 im Linzer Brucknerhaus uraufgeführt.

"Ich habe mich natürlich sehr gefreut, dass Franzobel auf mich zugekommen ist. Es ist ein musikalisches Projekt mit einer Schauspielerin und zwei Jazzmusikern. Es geht um eine Seemannsbraut, die Geschichten vom Meer und den Männern erzählt", berichtet Zervoulakos über das neue Projekt.

"Jenseits von Eden" am Theater Heidelberg

Und am 1. Oktober 2010 hatte Zervoulakos‘ Inszenierung der deutschsprachigen Erstaufführung von der Steinbeck-Dramatisierung "Jenseits von Eden" am Theater Heidelberg Premiere.

Optimale Theaterarbeit

Als letzte Arbeit am Reinhardt Seminar isnzenierte der erfolgreiche Nachwuchs-Regisseur, der auch eine eigene Theatergruppe plant, Ausschnitte aus Tschechows "Onkel Wanja".

Wie lauten seine Zukunftswünsche? "Dass ich erreiche, mit genügend Probenzeit, mit den Bedingungen, die ich brauche und vor allem mit jenen Schauspielern, mit denen ich arbeiten möchte, zusammen über einen konzentrierten Zeitraum Projekte so zu erarbeiten, wie ich mir das vorstelle - das wäre mein Ziel", so Sarantos Zervoulakos.

Service

Mehr zu Inszenierungen, Projekten und Theater-Praxis von Sarantos Zervoulakos in oe1.ORF.at

Kontakt
Sarantos Zervoulakos

Links
Max Reinhardt Seminar
"Zorn! - Dramatisches Erzählen heute"
Der Standard – Neu im Theater: "Reisen nach Jerusalem"
Brucknerfest Linz 2010
Deutsches Theater Berlin
Festival Premières
Franzobel
Körber Studio Junge Regie
Neue Tribüne Wien
Theater Heidelberg