Die medizinische Herausforderung des 21. Jahrhunderts

Diabetes

Mindestens 500.000 Menschen in Österreich sind an Diabetes erkrankt. Schädigungen von Blutgefäßen, Nerven, Augen oder Nieren sind typische Konsequenzen. Der geschätzte jährliche Zuwachs an Neuerkrankungen beträgt über zehn Prozent.

Die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) ist eine chronische Stoffwechselstörung, der ein Insulinmangel und / oder eine Unterempfindlichkeit der Körperzellen für Insulin zugrundeliegt. Beim Typ-1-Diabetes liegt das Hauptproblem in der unzureichenden Insulinausschüttung.

Beim Typ-2-Diabetes ist der Sachverhalt bezüglich Ursachen und Entstehung komplex: Hier steht die Insulinresistenz der Zellen im Vordergrund, die meist durch ungesunden Lebensstil (Bewegungsmangel, Übergewicht) verursacht wird. Diese Diabetesform ist eigentlich nur die sprichwörtliche "Spitze des Eisberges" einer Kombination von Stoffwechselstörungen. Experten sprechen vom metabolischen Syndrom. Übergewicht, hoher Blutdruck, zu hohe Blutfettwerte und eben die Störung im Zuckerhaushalt werden unter diesem Begriff zusammengefasst.

Zu hoher Zuckergehalt im Blut

Vereinfacht gesagt kommt den an Diabetes Erkrankten die Glukose, die als "Treibstoff" im Organismus gebraucht wird, in den Zellen abhanden und reichert sich im Blut an - der Blutzuckerspiegel ist erhöht.

Der Glukose-Überschuss im Blut aber schädigt Gefäße, Nerven und Organe. Die daraus resultierenden Spätfolgen der Zuckerkrankheit sind vor allem Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen, Erblindung oder der Verlust von Gliedmaßen.

Spätfolgen von Diabetes

Die Zahlen dazu: Allein in Österreich leiden mehr als 500.000 Menschen an Diabetes. 95 Prozent davon sind Typ-2-Diabetiker. 70 Prozent der Betroffenen erliegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 30 bis 50 Prozent aller Patienten, die wegen Nierenversagen zur Dialyse (Blutwäsche) müssen, sind zuckerkrank. Ein Drittel aller Schlaganfall-Opfer hat Diabetes.

Durch Augenhintergrund-Schäden (diabetische Retinopathie) droht vielen die Erblindung. Gefürchtet sind auch die chronischen Nervenschäden (diabetische Neuropathie), die zur Fußamputation führen können. Das Problem existiert nicht nur in Österreich. Der damalige EU-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou warnte bereits im März 2005 vor einer "drohenden Fettsucht" in Europa. Über 14 Millionen Menschen seien krankhaft übergewichtig und dabei sich auf dem Umweg über Diabetes zu Tode zu essen.

Der Nutzen medikamentöser Behandlung

Nach erfolgter Diagnose sollen allfällige Spätschäden entweder durch gesunden Lebensstil und Gewichtsreduktion oder - falls die Erkrankung schon weiter fortgeschritten ist - durch Blutzuckersenkende Medikamente bzw. die regelmäßige Gabe von Insulin hintangehalten werden.

In den letzten Jahren haben vergleichende Studien gezeigt, dass der Nutzen einer rigorosen Blutzuckersenkung geringer ist als angenommen. Dies gilt vor allem für ältere Diabetikerinnen und Diabetiker.

Was bringt eine "strenge" Einstellung des Blutzuckers?

Bisher haben sieben große randomisierte und kontrollierte Langzeitstudien untersucht, ob intensivere Strategien zur Blutzuckersenkung zu weniger Komplikationen und Spätschäden führen als eine Standardbehandlung.

All diese Studien wurden in eine Metaanalyse eingeschlossen, mit den folgenden Ergebnissen: Der einzige Vorteil der Intensivbehandlung war eine Verminderung der nicht-tödlichen Herzinfarkte. Mit der Intensivtherapie konnte die Anzahl der Todesfälle nicht gesenkt werden, wobei eine der Studien wegen der erhöhten Todesrate in der intensiv behandelten Gruppe sogar vorzeitig abgebrochen werden musste. Für weitere relevante Folgen wie Schlaganfall, Erblindung, Nierenversagen, Amputation oder Lebensqualität wurde kein Vorteil für die Intensivtherapie gefunden.

Andere Therapiestrategien erforderlich?

Manche Expertinnen und Experten stellen deshalb die gängige Therapiestrategie, die einerseits für die Patientinnen und Patienten sehr aufwendig ist und andererseits einen erheblichen Medikamenteneinsatz erfordert, in Frage.

Weiters haben die verschiedenen antidiabetischen Therapien bei gleicher blutzuckersenkender Wirkung mitunter unterschiedliche Auswirkungen und manche erweisen sich gegenüber anderen als vorteilhafter. Es reicht nicht, dass ein Medikament den Blutzucker senkt, es kommt auf die Wirkungsweise an.

Stattdessen scheint die aktive Mithilfe der Patientinnen und Patienten im Bereich des Lebensstils an Bedeutung zu gewinnen und auch die Senkung anderer Krankheitsparameter - wie etwa des Blutdrucks und der Blutfettwerte - hat sich bei der Vermeidung der diabetischen Folgeschäden als effizient erwiesen.

Die aktive Mithilfe der Betroffenen

Wenn Betroffene an Diabetes-Schulungen teilnehmen und lernen, die Behandlung ihrer Krankheit selbst durchzuführen, können schwere Unterzuckerungen (Hypoglykämien) minimiert werden. Statt immer mehr Geld für Blutzuckersenkende Medikamente auszugeben, sollte nach Meinung vieler Experten daher die Betonung auf Schulungen gelegt werden - auch um das notorische Problem der Nichteinhaltung der verordneten Therapien zu überwinden. Gut informierte Patientinnen und Patienten bestimmen ihre eigenen Behandlungsziele, wählen ihre Behandlungsstrategien und können selbst die Vor- und Nachteile der strengeren oder weniger strengen Blutzuckerkontrolle abwägen.

Gut geschulte und motivierte Diabetikerinnen und Diabetiker können auch durch aktive Mithilfe in verschiedenen Bereichen einen bedeutenden Beitrag zur Minderung von Spätfolgen der Zuckerkrankheit leisten. Dazu gehören etwa das besondere Augenmerk auf Wunden und Hautverletzungen im Bereich der Füße oder die ausreichende Flüssigkeitszufuhr bei Problemen mit den Nieren - insbesondere wenn auch noch Bluthochdruck besteht.

Diskutieren Sie mit!

Wenn Sie Fragen zum Thema haben, dann rufen Sie während der Sendung unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 22 6979 an oder posten Sie hier.

  • Kennen Sie Ihren Blutzuckerwert?
  • Leiden Sie an Typ-1- oder Typ-2-Diabetes?
  • Nehmen Sei Blutzuckersenkende Medikamente ein?
  • Lassen Sie regelmäßig ihre Augen, Nierenwerte und Beine kontrollieren?
  • Gibt es Ihrer Meinung nach ausreichende Unterstützung durch spezialisierte Ärztinnen und Ärzte?
Offen gebliebene Fragen werden nach der Sendung von einem unserer Sendungsgäste bis zirka 15:00 Uhr in unserem Online-Forum beantwortet.