Diskussion um Missbrauch in der Kirche

Werden die Täter geschützt?

In katholischen Schulen und Internaten, in Pfarrheimen werden Kinder Opfer sexueller Gewalt: In Irland, Deutschland, den USA - und in Österreich. Warum vergreifen sich Priester an Kindern und warum tut sich die Kirche so schwer damit, das einzugestehen?

Hans Peter Hurka über strukturelle Grundbedingungen

Die römisch-katholische Kirche in Österreich gesteht Fehler im Umgang mit Missbrauchstätern ein. In der Vergangenheit seien sie vielfach einfach versetzt worden, hat der Wiener Generalvikar und Stellvertreter von Kardinal Schönborn in der Sendung "Journal-Panorama" am 3. März 2010 eingeräumt. Und er hat skizziert, wie die österreichische Bischofskonferenz auf die aktuelle Diskussion über sexuellen Missbrauch von Minderjährigen reagieren wird. Kirchenkritiker sparten in der Diskussionssendung nicht mit scharfen Worten gegenüber dem Papst und dem Wiener Kardinal.

Vorwurf der Vertuschung

Interne Kritiker werfen der Kirche vor, Versetzen und Vertuschen war und sei ihre Hauptstrategie im Umgang mit sexuellen Missbrauchsfällen. Und Generalvikar Franz Schuster, in Wien der Stellvertreter von Kardinal Christoph Schönborn räumt ein, dass es Fehler gegeben habe, dass man die Täter versetzt und dann gehofft habe, dass es dann nicht mehr zu pädophilen Handlungen komme. Aber seit 2001 gebe es klare Regeln aus Rom. Auch bei verjährten Fällen von schwerem Missbrauch sei ein kircheninternes Strafverfahren möglich und letztlich der Entzug der Priesterweihe.

Der Vorsitzende der Plattform "Wir sind Kirche", Hans Peter Hurka wirft Papst Benedikt dem XVI dennoch geradezu heuchlerisches Verhalten vor. "Jemand, der über die Fälle wissen muss, wenn der sich dann hinstellt und Entrüstung mimt, was in der Kirche alles möglich ist, das passt einfach nicht zusammen." Denn als Kardinal Ratzinger habe der jetzige Papst verfügt, er müsse über alle Missbrauchsfälle informiert werden. Und die ehemalige Mitarbeiterin der diözesanen Ombudsstelle, Sonja Wohlatz wirft dem Wiener Kardinal im Umgang mit den Tätern vor, dass er sehr große Schwierigkeiten gehabt habe, Entscheidungen zu treffen.

Frage nach Ursachen und Lösungen

Der "Wir sind Kirche"-Vorsitzende Hurka befürchtet sogar, dass es in Österreich ähnlich viele Missbrauchsfälle gab, wie etwa in Irland. Angesichts der tausenden Fälle in Amerika und demselben Problem auf der ganzen Welt müsse die Kirche auch die Frage nach strukturellen Grundlegungen oder Begünstigungen stellen, so Hurka.

"Wir sind Kirche" wünscht sich einen besseren Umgang der Kirche mit Missbrauchsopfern aber auch mit den Tätern, das Aus für den Pflicht-Zölibat und ein Aufbrechen der hierarchischen Struktur der Kirche. Letzteres wird die derzeit tagende österreichische Bischofskonferenz freilich nicht beschließen. Laut Generalvikar Schuster ist aber eine Verbesserung und Vereinheitlichung der kirchlichen Ombudsstellen für Missbrauchsfälle geplant. Weiters sollten die Ordensgemeinschaften künftig offiziell und verbindlich mit diesen diözesanen Ombudsstellen zusammenarbeiten, so der Generalvikar, der die Vernetzungsarbeit für sehr wichtig hält. Offenbar konnten Missbrauchstäter bisher relativ problemlos aus Diözesen in Orden wechseln, und die Information über Übergriffe scheint oft verloren gegangen zu sein.

Eine gezielte historische Aufarbeitung von Missbrauchsfällen wie in Deutschland kann sich der Generalvikar zwar vorstellen, sie scheint derzeit aber nicht geplant zu sein.

Hör-Tipp
Journal-Panorama, Mittwoch, 3. März 2010, 18:25 Uhr

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