Zwangshandlungen und Zwangsgedanken

Zwangsstörungen

Zwei bis drei Prozent der Bevölkerung, also etwa 200.000 Österreicherinnen und Österreicher, erkranken einmal in ihrem Leben an einer Zwangsstörung. Dazu zählen Zwangshandlungen und Zwangsgedanken. Die bekanntesten und häufigsten sind Kontrollzwänge.

Unter Zwangshandlungen kennt man Kontroll-, Wasch- und Reinigungs-, Ordnungs-, Wiederholungs-, Zähl- sowie Sammel- und Hortzwänge.

Kontrollzwänge zählen zu den häufigsten Zwangshandlungen. Personen, die davon betroffen sind, kontrollieren vor dem Verlassen ihrer Wohnung mehrmals - oft stundenlang - ob alle elektrischen Geräte ausgeschaltet, die Wasserhähne abgedreht oder ob auch die Fenster wirklich geschlossen sind. Die vordergründige Angst dahinter ist, dass möglicherweise in ihrer Abwesenheit die Wohnung abbrennt, überflutet wird oder aber jemand einbricht.

Die zweithäufigsten Zwangshandlungen sind Wasch- und Reinigungszwänge. Betroffene Menschen haben häufig Angst, sich mit Bakterien zu infizieren und müssen, um das Gefühl von Sauberkeit zu erlangen, stundenlang duschen, Hände waschen oder putzen.

Ausdruck von Unsicherheits- und Schuldgefühlen

Zwänge können zahlreiche Funktionen haben. So versuchen manche Menschen etwa - wenn auch unbewusst - dadurch unerwünschte Gefühle, wie etwa Aggression, Zorn, aber auch Trauer, zu unterdrücken. Eine Zwangsstörung kann auch, wenn sich die Welt für den Betroffenen als bedrohlich darbietet, als sicherer Schutzmantel vor der Realität dienen.

Viele Menschen, die an einer Zwangserkrankung leiden, sind in gesteigertem Maße verantwortungs- und schuldbewusst. Sie wollen alles perfekt machen und fühlen sich nie gut genug, weder im Berufs- noch im Privatleben. Auch das ein Grund, warum eine Zwangsstörung entstehen kann.

Biologische Ursachen der Zwangsstörung

Zwangserkrankungen können genetische Ursachen haben, sie können aber auch aufgrund eines fehlgeleiteten Immungeschehens oder aufgrund einer Infektion des Gehirns durch Streptokokken - wie etwa bei Scharlach - entstehen. Ursache können auch Erkrankungen sein, die bestimmte Gehirnareale zerstören, wie zum Beispiel bei der Chorea Huntington, früher als Veitstanz bezeichnet.

Bildgebende Untersuchungsverfahren, wie etwa die Computertomographie, die Kernspintomographie und die Positronen-Emissionstomografie konnten schließlich in den vergangenen zehn Jahren zeigen, dass bei zwangserkrankten Menschen bestimmte Regionen des Stirnhirns, nämlich der orbito-frontale Kortex, im Vergleich zu Nicht Betroffenen Veränderungen aufweisen.

Hilfe durch Psychotherapie

Zwangsstörungen kann man unter anderem mittels einer Verhaltenstherapie behandeln. Von gänzlicher Symptomfreiheit kann zwar auch nach einer absolvierten Verhaltenstherapie nicht ausgegangen werden, mehrere Studien haben jedoch gezeigt, dass es 70 bis 90 Prozent aller Patientinnen und Patienten, die eine solche Therapie absolvieren, schon nach kurzer Zeit merklich besser geht. Überdies sei der Erfolg in bis zu 90 Prozent der Fälle auch über ein Jahr und länger anhaltend.

Symptomlinderung durch Medikamente

Als wirksame Medikamente zur Behandlung von Zwangsstörungen haben sich die so genannten selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, kurz SSRIs erwiesen. Diese werden auch zur Therapie von Depressionen eingesetzt.

Etwa 90 Prozent aller von einer Zwangserkrankung Betroffenen profitieren von einer Behandlung mit SSRIs - ihre Zwangssymptomatik reduziert sich in der Regel um bis zu 50 Prozent. SSRIs haben, wie alle Medikamente, möglicher Weise auch Nebenwirkungen, weshalb zu regelmäßigen Kontrollen bei einem Spezialisten geraten wird.