Die Statine und der Fall "Lipobay"
06. Medikamente zur Lipidsenkung
29. September 2010, 00:35
Statine senken die Produktion von cholesterinreichen Lipoproteinen niedriger Dichte (LDL = böses Cholesterin), indem sie das Schlüsselenzym der Cholesterinsynthese (HMG-CoA-Reduktase) in der Leber hemmen. Daher werden sie auch HMG-CoA-Reduktasehemmer genannt.
Senkung des "bösen" Cholesterins
Durch die verminderte Produktion von LDL in der Leber kommt es außerdem zu einer Zunahme von LDL-Rezeptoren an den Zielzellen. Mehr zirkulierende LDL-Partikel können aufgenommen werden, die LDL-Konzentration im Blut sinkt. Mit einfachen Worten: Die Konzentration des "bösen" Cholesterins wird über zwei Wege gesenkt.
Statine senken zusätzlich noch die Triglyceride und erhöhen die HDL-Werte. Das wirkt sich positiv auf den LDL/HDL-Quotienten aus. Statine, die das Enzym HMG-CoA-Reduktase blockieren, werden auch Cholesterinsynthesehemmer genannt. Dazu gehören unter anderem folgende Statine: Lovastatin, Simvastatin, Pravastatin, Fluvastatin, Atorvastatin, etc.
Zahlreiche klinische Studien haben gezeigt, dass HMG-CoA-Reduktasehemmer (Statine) sowohl in der Primär- und Sekundär-Prävention bei Herzerkrankungen die potentesten, cholesterinsenkenden Medikamente in der klinischen Anwendung darstellen.
Statine - mehr als nur Cholesterinsenker?
Es hat sich gezeigt, dass der Krankheitsverlauf bei einer instabilen Angina pectoris und auch nach einem Herzinfarkt durch eine Therapie mit Statinen positiv beeinflusst wird. Die Neubildung von Plaques (artherosklerotische Ablagerungen in den Gefäßen) kann durch eine Statin-Therapie reduziert werden.
Bereits bestehende Ablagerungen, so haben manche Studien gezeigt, können unter günstigen Voraussetzungen (strenge Einstellung des Cholesterinspiegels, Lebensstiländerung, Diät, Sport) wieder abgebaut werden. Die HMG-CoA-Reduktase hat aber neben der Cholesterinsynthese noch eine Reihe weiterer biologischer Funktionen, wie etwa die Synthese von Eiweißstoffen, die wiederum für den synthetischen Stoffwechsel und in der Zellkommunikation verantwortlich sind. Darüber hinaus dürfte die Verabreichung von Statinen - neben der Senkung des LDL-Cholesterins eine Reihe weiterer positiver Auswirkungen haben (z.B. auf die Fließeigenschaften des Blutes, Arteriosklerose und Entzündungen). Um das bestmögliche Therapieziel zu erreichen, ist natürlich neben der Therapie mit Statinen eine Änderung des Lebensstils und eine Vermeidung weiterer Risikofaktoren notwendig.
Der Fall Lipobay
Das Medikament Lipobay mit dem Wirkstoff Cerivastatin, das als hochwirksam galt, wurde am 8. August 2001 von der Herstellerfirma vom Markt genommen. Der Grund für diese Maßnahme war, dass es bei der Einnahme in sehr seltenen Fällen zu schwerwiegenden Nebenwirkungen an der Muskulatur (Rhabdomyolyse = Zerstörung der Muskulatur mit Schmerzen und Muskelschwäche) gekommen war. Scheinbar tritt diese Nebenwirkung besonders dann auf, wenn gleichzeitig der Wirkstoff Gemfibrozil, der ebenfalls zu einer Senkung der Blutfette führt, eingenommen wird.
Die Ursache liegt darin, dass Cerivastatin und Gemfibrozil in der Leber über das gleiche Enzym abgebaut werden: Das führt zu einer unerwünschten Wirkstoffanhäufung im Körper mit der möglichen Gefahr von verstärkten Nebenwirkungen. Bei anderen Wirkstoffen aus der Gruppe der Statine ist diese Nebenwirkung deutlich seltener.
Fibrate senken Triglyceride
Fibrate senken insbesondere die Triglycerid-Werte, indem sie die Produktion von Triglyceriden in der Leber reduzieren. Gleichzeitig wird vermehrt Cholesterin aufgenommen, das über den Darm wieder ausgeschieden wird. Fibrate sorgen außerdem dafür, dass weniger Eiweiße für den Fetttransport hergestellt werden.
Nicotinsäure hebt HDL
Niacin (Syn. Nicotinsäure) ist ein Vitamin der B-Gruppe. Nicotinsäure kommt reichlich in Hefe, Nüssen, Leber, Eigelb und Milch vor. Dieses Vitamin wird auch bei der Therapie von Hyperlipidämien eingesetzt. Niacin hebt den HDL-Spiegel deutlich und senkt den Triglycerid- und den LDL-Spiegel etwas.
Ionenaustauscherharze zur Senkung von LDL
Die Ionenaustauscherharze können die Gallensäure im Darm binden, so dass mehr Gallensäure ausgeschieden wird. Die Gallensäure wird hauptsächlich aus Cholesterin hergestellt. Weil der Körper immer wieder neue Gallensäure herstellen muss, wird mehr Cholesterin für die Neuproduktion gebraucht. Als Folge davon sinkt die LDL-Konzentration ab.
Weitere Therapieformen
Im schlimmsten Falle, wenn Medikamente nicht oder nur unzureichend helfen, und vor allem dann, wenn die Cholesterinwerte über 400-500 mg/dl liegen, wird ein Dialyse-ähnliches Verfahren zur Blutfilterung eingesetzt. Diese Methode heißt LDL-Apharese.