Auszeichnung
Chris Watson
29. September 2010, 00:35
Outside the Circle of Fire - Elephants
Der französische Konzept-Künstler Marcel Duchamp hat einst vorhergesagt, dass der Künstler der Zukunft auf das hinweisen würde, was bereits existiert, und dass es dadurch Kunst würde. Viele Klang-Künstler haben einen ähnlichen philosophischen Ansatz gewählt, indem sie gefundene Klänge verwenden, plagiieren und Medien manipulieren. Chris Watson, früher Mitglied des Hafler Trio und bei Cabaret Voltaire, geht einen anderen Weg zu seiner Ästhetik: Er zieht es vor, die Welt um uns selbst sprechen zu lassen.
Stepping ist eine engagierte Sammlung von Vor-Ort-Aufnahmen an exotischen Orten, wo Watson Ton für mehrere Dokumentationen aufgenommen hat. Er bringt eine reichhaltige Sammlung an verschiedenen Umgebungen mit, von Fliegen nahe dem Mara-Fluss in Kenia über nistende Saatkrähen auf einem alten Friedhof bis hin zu fischenden Fledermäusen in Venezuela. Tiere und die Elemente haben auf der ganzen Disk die tragenden Rollen inne. Es erscheint fast seltsam, überhaupt einen menschlichen Namen auf dem Umschlag zu sehen. Watson hat sich klugerweise entschlossen, die Klänge roh und realistisch zu lassen, und bringt uns damit so nahe an eine Reise um die Welt, wie das nur möglich ist. Setzt eure Ohren ein und gleitet dahin!
Joseph Cross, Wired (Großbritannien)
Tonband als Lead-Instrument
Watsons Lead-Instrument ist das Tonband. Nachdem er bei Cabaret Voltaire und beim Hafler Trio gearbeitet hatte, wurde Watson Ton-Aufnahmeleiter der Royal Society for the Protection of Birds. Er hat sich inzwischen einer Film- und Videoproduktions-Gesellschaft angeschlossen, die für die BBC Natur-Dokumentarfilme und bisweilen Spielfilme produziert. In den letzten Jahren habe ich festgestellt, dass einige der Orte, die ich bereist habe, ein gemeinsames Merkmal aufweisen - eine strahlende Akustik, ein spezielles Timbre, manchmal rhythmische oder transiente Tierklänge.
Watsons Interesse geht über das reine Drehbuch der Programme, an denen er arbeitet, hinaus: Er nimmt die Chance wahr, das ungreifbare Gefühl zu erforschen, an einem speziellen Ort zu sein - einem Ort, der Geist hat, einer Stelle mit Atmosphäre.
Natur-Klänge
Die 13 Aufnahmen in Stepping into the Dark stellen einen winddurchrauschten Wald in Glen Cannich den Versammlungsrufen von horstenden Saatkrähen auf einem Friedhof in Northumbria gegenüber. Andere atmosphärische Orte umfassen die Wärme und das Wabern eines Klanges, den er am Mara-Fluß in Kenia gefunden hat, fischende Fledermäuse in einem Mangroven-Sumpf in Venezuela, den rituellen Tanz der Schnepfen in der Morgen-Dämmerung auf den nördlichen Hebriden ... ein Unterwasser-Mikrofon in fünf Metern Tiefe fängt die Signalpfiffe und -Klicks von Großen Tümmlern im Morey Firth ein.
New-Age-Stil
Aber es geht nicht nur um das Einfangen und auch die Atmosphäre lässt sich nicht einfach in das Genre der Umwelt-Klänge im New-Age-Stil einreihen.
Diese Aufnahmen vermeiden Hintergrund-Geräusche, menschliche Störungen und Schnitte. Sie werden mit empfindlichen Mikrofonen gemacht, die lange vor der eigentlichen Aufnahme irgendwelchen Tierverhaltens getarnt angebracht wurden. Die Mikros werden über lange Leitungen oder über kabellose Verbindungen an das ebenfalls getarnte bzw. versteckte Aufnahme-Equipment angeschlossen. Die Aufnahmeorte werden entweder zufällig entdeckt oder durch Recherchen auf Landkarten und in der Geschichte gefunden, über Anekdoten oder im Gespräch mit den Einheimischen über ihre (sowohl positiven wie negativen) Gefühle verschiedenen Orten gegenüber. Tom Lethbridge hat Orte für verschiedene Geister innerhalb der lokalen Geografie identifiziert und ich vermute, zu diesen gehören auch Flora und Fauna, Tageszeit, die Elemente und die Jahreszeiten.