Mehr Vor- oder Nachteile?

05. Wozu Privatisierung?

In keinem anderen öffentlichen Bereich wird mehr Geld ausgegeben als im Gesundheitsbereich. In Österreich werden jährlich etwa 20 bis 25 Milliarden Euro, das ist jährlich zwischen acht und zehn Prozent des BIP für Gesundheitsausgaben getätigt. Gesundheit ist also ein Wirtschaftsfaktor.

Andererseits zeigt sich in den OECD-Staaten, dass sich die öffentliche Hand immer mehr von der sozialen Versorgung zurückzieht. Liberalisierungsanhänger und WTO drängen darauf, den Markt freizugeben. Die Argumentation dabei ist im Wesentlichen, dass nur private Betreiber Ineffizienzen und Geldverschwendung stoppen könnten, sodass sich gleichzeitig die Qualität verbessern und Verluste senken lassen. Privatisierung wird durchwegs mit "Effizienzsteigerung" gleichgesetzt. In Deutschland gehören bereits 20 Prozent aller öffentlichen Krankenhäuser privaten Konzernen.

Ihre Strategien sind u.a.: Sparen beim Personal, Reduzieren von Leistungen und Schließen von unrentablen Häusern, stärkerer Wettbewerb. Einfach klingende Lösungen. Dennoch zeigt sich, verglichen mit Ländern wie USA oder der Schweiz, dass die wettbewerbsintensivsten Systeme auch die teuersten sind, die Patientenzufriedenheit jedoch gerade in diesen Systemen am niedrigsten ist. Die Frage ist daher wohl - wie findet sich eine optimale Balance von öffentlich und privat?

Möglichkeiten der Privatisierung
Um Kosten und Ressourcen zu sparen, gibt es mehrere privatwirtschaftliche Modelle

  • Managementverträge: Temporäre Übernahme der Management-Leistung durch einen privaten Partner. Spitalseigner holen private Firmen für das Management an Bord, wie etwa das NÖ Krankenhaus Neunkirchen und das neurologische Rehabilitationszentrum am Wiener Rosenhügel, das der SVA der gewerblichen Wirtschaft gehört. Beide wurden mithilfe der VAMED errichtet, gemanagt und umgebaut. VAMED macht heute die technische Betriebsführung. Das neue LKH Klagenfurt beraten bis 2008 die internationalen Managementdienstleister Accenture und die deutsche Spitalsgruppe LBK Hamburg, geführt vom privaten Klinikkonzern Asklepios mit einem "innovativen Betriebsorganisationskonzept", um Betriebskosten zu senken.
  • Outsourcing: Vergabe einzelner Dienstleistungen an einen privaten Betreiber für einen definierten Zeitraum. Eine gängige Entwicklung: Was nicht Kerngeschäft ist, wird ausgelagert. Neben Untersuchungen betrifft das auch andere Dienstleistungen, wie Wäscherei der Küche.
Patienten werden beispielsweise ins Labor und Röntgen außerhalb des Krankenhauses geschickt, statt sie im Krankenhaus selbst zu untersuchen. Das bedeutet, Kosten an die Krankenkassen auszulagern, andernfalls wäre der komplette Ablauf aus dem Spitalsfonds zu bezahlen. Die Arbeiten der Niedergelassenen aber bezahlen die Krankenkassen.
  • Public-Private-Partnership (PPP): Langfristig vertraglich geregelte Zusammenarbeit zwischen einem öffentlichen und privaten Unternehmen, i.d.R. mit investivem Einsatz des Privatunternehmens. In Österreich ist dieses Public-Private-Partnership-Modelle das gängigste. Dabei geht es um Kooperationen mit privaten Unternehmen, die in verschiedenen Entwicklungsschritten erfolgen können. (PPP-Modell ohne Kapitalbeteiligung eines Privaten, PPP-Modell mit Kapitalbeteiligung eines Privaten/Mehrheitsbeteiligung, Minderheitsbeteiligung, oder Totalverkauf).
1. Einerseits kann eine Dienstleistung (Wäscherei, Küche) von Privaten erbracht werden.
2. Eine weitere Möglichkeit ist es, dass der öffentliche Eigentümer (z.B. die Gemeinde) die Betriebsführung des Krankenhauses einem privaten Betreiber vergibt, etwa im Rahmen eines Managementvertrags. Dabei besteht für diesen kein Risiko für Verluste des Betreibers, diese Verträge sind meist befristet, danach kann die Gemeinde das Spital auch wieder selbst führen.
3. Dritte Möglichkeit ist es, die Trägerschaft komplett an einen Privaten abzugeben (Totalprivatisierung, kein echtes PPP) und die Immobilie im Eigentum der Gemeinde verbleibt.

(Teil-)Privatisierung
Verkauf einzelner kompletter Klinikbereiche oder ggf. Gesellschafteranteile. Privatisierungen sind keine PPP-Modelle, weil der öffentliche Partner aussteigt. Der Private kann selbst entscheiden, welche Leistungen er für welche Preise anbietet. Einschränkungen gibt es nur, wenn er Leistungsverträge mit öffentlichen Versicherungen abschließt.

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