Geschichte und definierte Kriterien

04. Screening

Wilson und Jungner haben bereits in einem WHO-Bericht von 1968 Entscheidungskriterien über die Angemessenheit eines Screening- bzw. Präventionsprogramms definiert.

Kriterien für ein Screening Wilson Jungner

  • Die Erkrankung soll ein bedeutsames Gesundheitsproblem sein.
  • Die Biologie, der natürliche Verlauf der Erkrankung von der latenten Phase bis zur manifesten Erkrankung, muss weitgehend verstanden sein.
  • Die Erkrankung muss eine identifizierbare Frühphase haben.
  • Die Behandlung im Frühstadium muss wirksamer sein als im Spätstadium.
  • Es muss einen geeigneten Test für die Entdeckung der Frühphase der Erkrankung geben.
  • Der Test muss für die Bevölkerung annehmbar sein.
  • Die Untersuchungsintervalle des Screening-Tests müssen im vorhinein bekannt sein.
  • Einrichtungen (Ressourcen) müssen a priori verfügbar sein, die den erhöhten Versorgungsbedarf, der durch bevölkerungsbasierte Screening-Programme anfällt (wie z.B. definitive diagnostische Untersuchung, Folgebehandlungen), abdecken.
  • Das Risiko eines mit den Screening-Maßnahmen assoziierten physischen und psychischen Schadens muss bewiesenermaßen geringer sein als der Nutzen substantieller/moderater Nettonutzen).
  • Die Kosten müssen in einem annehmbaren Verhältnis zum Gesundheitsnutzen des Programms stehen.
Die 10 Kriterien von Wilson und Jungner lassen sich vier Bereichen, die eigentlich zusammengehörige Fragenkomplexe bilden, zuordnen. Es geht um Fragen zur Zielkrankheit nach der gesucht wird, zur Güte des Diagnosetests, zum Potenzial der Diagnosestellung und Behandelbarkeit und zur Gesamtbilanz.

Den neuen UK-NSC Kriterien können thematisch die originalen Kriterien zugeordnet werden (Schmid & Piribauer 2004).

Neue Kriterien
  • Gibt es direkte Beweise, dass Screening Morbidität und/oder Mortalität der Krankheit reduziert? Ist ein RCT vorhanden?
  • Welche Prävalenz hat die Krankheit in der Zielgruppe? Kann eine Hochrisiko-Gruppe verlässlich identifiziert werden?
  • Kann der Screening-Test die gesuchte Krankheit/Gesundheitsproblem exakt erkennen (Test-Validität)?
  • Wie lautet die Sensitivität und Spezifität des Screening-Tests?
  • Variieren die Testergebnisse je nach durchführender Person signifikant (i.e. Reliabilität)?
  • Können durch das Screening-Programm Patienten früher identifiziert und behandelt werden?
  • Reduziert die Behandlung die Inzidenzrate des zwischenzeitlichen Gesundheitsnutzens ("intermediate outcome")?
  • Ist die Behandlung unter idealen Bedingungen, wie der klinischen Studie, wirksam?
  • Wie verhält sich dazu die Wirksamkeit der Behandlung unter Alltagsbedingungen im Feld ("community settings")?
  • Gibt es eine Behandlung für den klinisch diagnostizierten Patienten, welche bewiesenermaßen die Krankheitsprognose verbessert?
  • Wie ähnlich ist der klinisch diagnostizierte Fall dem mittels Screening entdeckten Fall?
  • Haben Personen, die beim Screening entdeckt werden, einen größeren Gesundheitsnutzen als jene die klinisch diagnostiziert werden (Nutzengewinn durch Frühtherapie)?
  • Ist der zwischenzeitliche Gesundheitsnutzen zuverlässig mit der Senkung der Morbidität und/oder Mortalitäts der Zielkrankheit assoziiert (finaler Gesundheitsnutzen)?
  • Treten beim Screening unerwünschte Nebenwirkungen auf?
  • Ist der Screening-Test für die Zielbevölkerung akzeptierbar?
  • Was sind die möglichen Schäden des Screening Tests selbst und wie häufig treten sie auf?
  • Hat die Behandlung unerwünschte Nebenwirkungen?

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