Der Nutzen von Reihenuntersuchungen

06. Warum Screening?

Es gibt viele Motivationen, um ein Screening-Programm ins Leben zu rufen. Scheinbar gesunde Menschen werden in Reihenuntersuchungen auf Risikofaktoren oder Krankheitsmerkmale untersucht. Damit werden aus gesunden Menschen Kranke gemacht, die Patientenzahlen werden erhöht.

Motiv Heilung
Eines von vielen Motiven ist die Entdeckung und mögliche Heilung von Erkrankungen in einem behandelbaren Stadium. Screenen nach Erkrankungen, deren frühzeitige Behandlung Morbidität und Mortalität senkt, ist eine sinnvolle Intervention. Ein Screening-Programm ist eine medizinische Intervention für eine große Anzahl von Menschen, sie sollte daher einen beweisbaren positiven Effekt haben.

Wann Screening schadet
Screening kann auch negative Effekte haben, es ist keinesfalls eine harmlose Intervention. Ein prominentes Beispiel ist das Prostata-Karzinom Screening, das zwar zusätzliche Erkrankte im Frühstadium entdeckt, aber insgesamt die Mortalität nicht nachweislich senkt. Dadurch erhöht sich lediglich numerisch die Anzahl der Erkrankten. Die Patienten und Patientinnen leben nicht länger, sind aber länger krank mit eingeschränkter Lebensqualität.

Fehlerquote
In Screening-Programmen werden idealerweise viele Menschen eingeschlossen, daher ist der auch bei guten Methoden zwangsläufig vorhandener Anteil an falschen Befunden relativ hoch. Eine Spezifizität von 95 Prozent - einem sehr guten Test entsprechend - bedeutet, dass unter den tatsächlich Gesunden fünf Prozent einen falsch-positiven Test haben. In absoluten Zahlen ausgedrückt ist das einer von 20.

Das bringt viele Probleme mit sich. Wenn ein Screening-Programm in Summe einen nachgewiesen positiven Effekt auf die Überlebenswahrscheinlichkeit hat, nimmt man die psychische Belastung eines falsch positiven Tests möglicherweise in Kauf. Spätestens wenn in der Folge eingreifende diagnostische Schritte durchgeführt werden, die Komplikationen verursachen können (wie z.B. Biopsien), muss dieses systematische Vorgehen kritisch wissenschaftlich hinterfragt werden.

Umstritten und teuer
Der Beweis für die Wirksamkeit eines Screening-Programmes muss also erbracht werden, um solche Situationen zu vermeiden und das idealerweise bevor ein Programm etabliert wird. Die Forderung nach einer kritischen Überprüfung gilt aber auch für Screening-Programme, die bereits laufen.

Es ist nicht nur die psychische und physische Integrität der Gescreenten, deren Gefährdung durch einen messbaren Benefit zumindest aufgewogen werden muss. Screening-Programme verursachen hohe Kosten. In Zeiten von knappen Ressourcen sollten die Mittel so verteilt werden können, dass die Finanzierung von Screening- Programmen mit nachgewiesen positivem Effekt gesichert werden kann.

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