von Joseph Roth

Die Geschichte von der 1002. Nacht

Der orientierungslose Rittmeister Baron Alois Franz Taittinger ist ein vom Leben Gelangweilter. Einzig die Ordnung der Armee ist sein Anhaltspunkt für ein halbwegs geregeltes Leben. Ein schonungsloses Sittenbild der ausklingenden Donaumonarchie.

... So reden S' doch endlich! ...

"Die Geschichte der 1002. Nacht", erschienen 1939, in Joseph Roths Todesjahr, stellt das Schicksal des ewig suchenden und schnell an allem gelangweilten jungen Rittmeisters Taittinger in seinen Mittelpunkt und decouvriert dabei pointenreich und gnadenlos die gesellschaftliche Verkommenheit und doppelte Moral der ausklingenden Donaumonarchie.

Der Schah von Persien reist, um seiner orientalischen Langeweile zu entkommen, auf Staatsbesuch nach Wien. Er sehnt sich nach exotischen Ländern und nach exotischen Frauen. Auf einem Ball, der ihm zu Ehren gegeben wird, begehrt er, in Unkenntnis der hiesigen Sitten, für sein nächtliches Vergnügen die schöne Baronin W., die ihrerseits aber dummerweise mit einem Sektionschef aus dem Finanzministerium verheiratet ist.

Das Krisenkomitee schwitzt, tagt - und handelt. Der junge Rittmeister Alois Franz Baron von Taittinger erkennt, dass die Baronin W. einer gewissen Mizzi Schinagl, die er des öfteren heimgesucht und mit der er einen unehelichen Sohn hat, zum Verwechseln ähnlich sieht. Mit Hilfe der Garderobe des Burgtheaters wird Mizzi als Fürstin ausstaffiert und dem orientalischen Gast zugeführt.

Nach der solcherart glücklich überstandenen gemeinsamen Nacht schenkt der Schah der falschen Baronin zum Dank drei Reihen großer schwerer Perlen – und das Unheil nimmt seinen Lauf. Mizzi gerät in die Hände von Betrügern, ein schmieriger Redakteur deckt den Schwindel auf, Taittinger muss seinen Dienst quittieren. Am Ende fällt ein Schuss.

Der Autor Helmut Peschina, der neben der "Strudlhofstiege" von Heimito von Doderer und Werken von Elias Canetti oder Hans Lebert bereits mehrere Romane von Joseph Roth für den Hörfunk bearbeitet hat, hat diesmal, gemeinsam mit seinem Regisseur Robert Matejka, ein besonderes - und besonders raffiniertes - Konzept gefunden, um der Vielzahl der handelnden Personen "Herr" zu werden.

Zum Autor

Joseph Roth, geboren 1894 im galizischen Brody, zählt zu den bedeutendsten deutschsprachigen Erzählern und Journalisten des 20. Jahrhunderts. Noch während seiner Militärzeit hatte er begonnen, Berichte und Feuilletons für Zeitschriften zu schreiben, und in "Österreichs Illustrierter Zeitung" waren Gedichte und Prosa von ihm erschienen. Ab April 1919 wurde er Redakteur bei "Der Neue Tag", eine Tageszeitung, die auch Alfred Polgar, Anton Kuh und Egon Erwin Kisch zu ihren Mitarbeitern zählte.

Ende 1920 zog Roth nach Berlin um. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit seiner Aufenthaltsgenehmigung schrieb er bald für verschiedene Zeitungen. 1933 ging Joseph Roth ins Exil, zuerst nach Paris, reist aber auch in die Niederlande, nach Österreich und Polen. Er fand Publikationsmöglichkeiten, unter anderem bei den niederländischen Exilverlagen Querido und de Lange. 1939 starb Joseph Roth in der Emigration in Paris. Zu seinen bekanntesten Romanen zählen "Radetzkymarsch", "Das Spinnennetz" und "Die Kapuzinergruft".

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Buch-Tipp
Joseph Roth, "Die Geschichte von der 1002. Nacht", Kiepenheuer und Witsch

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