Im Zeit-Raum: Über die Kunst ein Paar zu bleiben

Beziehungen sind zunehmend fragil und mobil geworden. Wie man Autonomie und Bindung auf Dauer einer gemeinsamen Lebenszeit zusammenbringen könnte, erörterte der renommierte Paartherapeut Hans Jellouschek im Gespräch mit Johannes Kaup.

Die rasanten kulturellen und sozialen Entwicklungen des letzten Jahrhunderts haben auch die Paarbeziehungen fundamental verändert. Steigender Lebensstandard und sozialer Friede verlängern die Lebenserwartung der Menschen beträchtlich. Das macht es möglich, dass Paare teilweise bis zu 50, 60 Jahre Lebenszeit gemeinsam verbringen können. Zugleich sind Beziehungen zunehmend fragil und mobil geworden. Dass man Autonomie und Bindung auf Dauer einer gemeinsamen Lebenszeit zusammenbringen könnte, erscheint heute immer mehr Menschen als unvorstellbar.

Vom "neoromanischen" Liebesideal zum realistischen Liebesverständnis

Obwohl heute in den Städten nahezu jede zweite Ehe geschieden wird, ist der Wunsch nach Dauerhaftigkeit der Liebe ungebrochen. Doch viele Paare folgen dabei unbewusst einem "neoromantischen Liebesideal". Oft wirken sich überhöhte Erwartungen an die Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau destruktiv aus. Um eine reife Partnerschaft zu leben, braucht es aber ein realistisches Liebesverständnis, das dem heutigen Alltag und den Lebensbedingungen unserer Zeit entspricht.

Die frühere Notwendigkeit als Paar und Familie in einer funktionalen Versorgungsbeziehung zu leben, ist in modernen Gesellschaften fast gänzlich weggefallen. Paarbeziehungen entstehen heute nicht mehr unter dem Druck der materiellen Notwendigkeiten, sondern sind zu einer Angelegenheit der individuellen Gestaltung und emotionalen Glückserfahrung geworden. Wenn man von der rauschhaften Verliebtheit eine Liebe auf Dauer stellen will, steckt darin der Wunsch, es möge doch ewig dauern.

Lernziele

Eines der schwierigsten Lernziele in der Liebesbeziehung ist es, eine Balance zwischen Selbstzuwendung und Partnerzuwendung zu finden. Damit sich aus dem Verliebtsein eine dauerhafte Liebesbeziehung entwickeln kann, muss sie verschiedene Stadien positiv durchlaufen, einschließlich der Enttäuschung. Dabei können Paare viel tun, dass ihre Liebe lebendig bleibt. Der wichtigste gemeinsame Nenner dabei lässt sich mit dem Wort Transformation umschreiben, dem Gegenbegriff zur Erstarrung. Gemeinsam können sie Wandlungsprozesse zu größerer Ganzheit freisetzen, begleiten und fördern, überall da, wo das gemeinsame Leben zu erstarren droht.

Der in Österreich geborene Psychotherapeut Hans Jellouschek ist der bekannteste Paartherapeut in Deutschland. Der Autor zahlreicher auflagenstarker Bücher über die Potentiale und Abgründe der Paarbeziehung erörterte im Gespräch worauf es ankommt, damit eine dauerhafte Liebe lebendig bleibt.

Text: Johannes Kaup

Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Wiener Zeitung und UPC.

Im Zeit-Raum: Was hält die Liebe lebendig? Über die Kunst auf Dauer ein Paar zu bleiben.
Montag, 29. September 2008
18:30 Uhr
Großer Sendesaal

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