Google gibt auf

Google vs. China

Nach Jahren der Selbstzensur in China hat sich Internet-Riese Google aus der Volksrepublik China zurückgezogen und die chinesische Variante seiner Suchmaschine nach Hongkong weitergeleitet, wo nicht so strenge Zensurmaßnahmen gelten.

Als Grund für den Rückzug haben die "feel good"-Unternehmer aus Kalifornien schwere Hackerattacken und den Kampf für Informationsfreiheit angegeben.

Aber auch ökonomisch war das China-Abenteuer für google weniger erfolgreich als erwartet. Gerade einmal zwei Prozent des gesamten Firmenumsatzes hat google in China erwirtschaftet. Vier Jahre lang hat es die Suchmaschine dort gegeben. Vier Jahre, in denen der nationale Konkurrent baidu mit rund sechzig Prozent Marktanteil nicht einmal ansatzweise eingeholt werden konnte. Und das, obwohl sich der Global Player aus Kalifornien brav den strengen chinesischen Zensurmaßnahmen gebeugt hat.

Geht es vielleicht doch ums Geld?

Auch Netzaktivist Thomas Thomas Lohninger sieht die ökonomische Komponente als Hauptgrund für den Rückzug von Google. "Wenn sie dort wirklich Geld verdient hätten, wäre ihnen die Entscheidung sicher schwerer gefallen. Vor allem deshalb, weil es mit jetzigen Exit-Strategie kein Zurück mehr gibt." Google will zwar sein Pekinger Großraumbüro behalten, lukrativ dürfte der mittlerweile größte Internetmarkt der Welt aber nicht mehr sein.

Jede westliche Firma, die in China Geschäfte machen will, musste sich der Global Player aus dem Silicon Valley den nationalen Gesetzen beugen. Und diese inkludieren eine strenge Zensur aller unerwünschten Informationen im Netz. Wer Namen von Dissidenten eingibt oder gar etwas über das Massaker am Platz des himmlischen Friedens 1989 wissen will, endet im verbindungsleeren Raum.

Dass Google diese Zensur übernommen hat, war der Beliebtheit des Unternehmens nicht gerade zuträglich. Vor allem das Firmenmotto "Don’t be evil" erhielt einen fahlen Beigeschmack. Seit letzter Woche ist die Stimmung in der Netz-Community wieder ein bisschen besser.

Auch wenn das Verhältnis zwischen Google und seinen Kritikern seit jeher ein sehr zwiespältiges ist, wie Lohninger erklärt: "Es gibt viele Leute, die extrem kritisch zu Google stehen und trotzdem alle Services von ihnen benutzen. Diesen Kuhhandel gehen viele ein. Google weiß das und weiß aber auch, dass eine positive Stimmung in der Community extrem wichtig ist. Einfach deshalb, weil sie davon leben, dass mehr und mehr Menschen im Netz sind. Je mehr Netzbürger es gibt, umso mehr verdient Google auf dem Werbesektor."

Die Firewall hält stand

Auch wenn Google von Menschenrechten spricht, so groß ist der Unterschied für die chinesischen Nutzer dann auch wieder nicht: Die Great Firewall of China, die das gesamte Internetverhalten des Milliardenreichs kontrollieren will, auch Zugriff auf die jetzt einzige chinesisch-sprachige Google-Seite in Hongkong. Inwieweit sich jetzt also die Lage der Menschenrechte verändert, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

Auch politisch hat der Konflikt zwischen einem global agierenden Konzern und einer aufstrebenden Weltmacht einigen Staub aufgewirbelt. Konflikte zwischen Firmen und Staaten sind zwar nicht neu, im Gegensatz zur Waffenlobby, den Ölkonzernen und der Lebensmittelindustrie trägt Google diesen Kampf allerdings in die Öffentlichkeit, was den politischen Machthabern ungelegen kommt.

Unterschiedliche Einschätzungen der Lage

Sowohl die chinesische als auch die US-amerikanische Regierung sind um De-Eskalation bemüht und wollen das Thema nicht auf eine politische Bühne heben. Schließlich wollen beide verhindern, dass die immer besser werdenden Wirtschaftsbeziehungen unter dem Konflikt leiden. Da aber viele Firmen keine großen Probleme mit der chinesischen Gesetzeslage haben, dürfte diese Gefahr gering sein.

Der chinesische Markt ist also aufgegeben. Viele Internet-Nutzer sind auch nicht aufgebracht, sondern stellen sich in dem Konflikt auf die Seite ihres Staates, der sich gegen einen westlichen Konzern zu wehren weiß, erklärt der studierte Anthropologe Thomas Lohninger.

Gleichzeitig gäbe es aber genügend Menschenrechtsaktivisten in China, die über andere Wege an die vom Staat untersagten Informationen kommen: "Möglich ist es immer, vor allem technisch. Die Frage ist allerdings, wie hoch das Interesse der Chinesen wirklich ist, an diese Informationen zu gelangen", meint Lohninger. Denn oft erscheint es besser, sich auf die Seite der eigenen Regierung zu stellen, als sich was vom Westen diktieren zu lassen.

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