Obamas Ratlosigkeit um Karzai
Irritationen zwischen Washington und Kabul
Die Beziehungen zwischen dem afghanischen Präsidenten Hamid Karzai und US-Präsident Barack Obama waren von Beginn an angespannt. Zuletzt schienen sich diese zunehmend zu verschlechtern. Nicht nur seit den von Wahlbetrug überschatteten Präsidentenwahlen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal 10.04.2010
US-Ratlosigkeit um Karzai
Karzai hat mit heftigen Verbalattacken gegen den Westen für Irritationen gesorgt. Sogar ein für Mai geplantes Treffen in Washington wurde in Frage gestellt. Jetzt hat Washington doch noch einmal zurückgerudert – aber es ist offensichtlich, dass man nicht so recht weiß, wie man mit dem erratischen Karzai umgehen soll.
Rundumschlag nach Obamas Abreise
Verantwortungsbewusstes Regieren, Rechtsstaatlichkeit, Anti-Korruptionsbemühungen – bei seinem Blitzbesuch in Afghanistan vor knapp zwei Wochen zählt US-Präsident Barack Obama gegenüber Hamid Karzai jene Punkte auf, die die USA in Afghanistan umgesetzt sehen wollen. Als würde der afghanische Präsident sie nicht ohnehin schon auswendig kennen. Und kaum war der US-Präsident abgereist, holte Karzai zum Rundumschlag aus: Der Westen wolle in Afghanistan eine Marionetten-Regierung, eine, die wie Sklaven agiere.
Bewusste Provokationen
Damit nicht genug, schob Karzai dem Westen den nachgewiesenen Wahlbetrug bei den Präsidentschaftswahlen in die Schuhe, sprach sich gegen eine geplante NATO-Offensive in der Taliban-Hochburg Kandahar aus und drohte, bei weiterer westlicher Einmischung sich den Taliban anzuschließen. Provokationen, die den US-Präsidenten in Verlegenheit und wohl auch in Rage gebracht haben.
Ausweichende Antworten
Kurz schien es so, als würde das Weiße Haus eine Einladung Karzais nach Washington im Mai zurückziehen. Ist Karzai noch ein Verbündeter, fragte ein Journalist den Sprecher des Weißen Hauses. Er sei der demokratisch gewählte Präsident Afghanistans, wich Robert Gibbs aus.
"Gesamte Regierungsstruktur unglaubwürdig"
Die USA hätten von vornherein gewusst, auf was sie sich da einließen, gibt der bekannte Sicherheitsexperte Brian Katulis zu bedenken: "Wir versuchen eine Zusammenarbeit mit einem Partner, dessen gesamte Regierungsstruktur unglaubwürdig ist. Die Spekulation darüber, ob Karzai nun ein verlässlicher Partner ist oder nicht, ist doch nur die Spitze des Eisbergs.“
"Strategisch wichtiger Partner"
Der US-Präsident steckt im Dilemma. Er kann mit Karzai nicht, das ist klar. Aber er ist auf ihn angewiesen. Nur wenn Karzai Fortschritte im Demokratisierungsprozess erbringt, kann Obama seinen versprochenen Truppenabzug im Juli 2011 beginnen. Auf seiner Rückreise aus Prag bezeichnete Obama Karzai demonstrativ als strategisch wichtigen Partner. Er sei der Präsident Afghanistans, eine Person, die man respektiere, sagte der Sprecher des Außenministeriums Philip Crowley. Von Eskalation also keine Rede, im Gegenteil – man freue sich auf den Besuch Karzais im Mai, heißt es aus dem Weißen Haus. Vorerst zumindest.