Aussichtsloser Kampf gegen Klischees

Shanghai-Expo: Kleine heile Welt

Mit einem Feuerwerk erfolgt Freitagabend in Shanghai der Startschuss für ein weiteres chinesisches Großereignis. Die EXPO 2010 ist mit fast 250 teilnehmenden Staaten und Organisationen die größte, die es bisher gegeben hat. Manche Aussteller kämpfen gegen die üblichen Klischees, andere versuchen es erst gar nicht.

Mittagsjournal, 30.04.2010

Andrang schon vor Eröffnung

Hunderttausende Besucher werden auf dem Gelände pro Tag erwartet. Die Probedurchläufe für den Massenandrang haben noch einige Schwächen aufgezeigt, aber ein Lokalaugenschein am Tag vor der offiziellen Eröffnung des Geländes für Besucher zeigt, dass alles rechtzeitig fertig geworden ist. Und schon jetzt tummeln sich in den Pavillons Prominente und Besucher.

Alles nur kopiert

Diesem Lied kann man nirgendwo auf dem Gelände entkommen: "Schönes Shanghai" schallt es aus den Lautsprechern. Aber das offizielle EXPO-Lied hat sich als Plagiat entpuppt, das offizielle Maskottchen, das in seiner Form eher an einen Zahn als einen Wassertropfen erinnert, ebenfalls. Der Meeresschatz Haibao ist nämlich das Logo einer Firma, die von der Verwendung nichts gewusst haben will, aber sich geehrt fühlt. Dauerhaft überschatten wird das wohl nicht, was auf dem großen EXPO-Gelände geschaffen wurde.

Kampf gegen Klischees

Hoch über allen anderen Pavillons thront der chinesische, von dem man schon jetzt weiß, dass er nur einen Bruchteil der täglich angepeilten Besucher verkraften kann, nämlich nur ein Zehntel. Aber so mancher Pavillon ist auch von außen schön. Der britische ist schon jetzt Geheimtipp aller Designwütigen. Ein schlichter Würfel, aus dem dünne Kunststoffrohre ragen, die sich bewegen und Licht reflektieren. Nicht nur die britische Generalkonsulin, Carma Elliot, steht heute ganz schwärmerisch vor dem Pavillon: "Was wir den Chinesen vermitteln wollen, ist, dass wir uns als kreatives, innovatives Land verstehen, das viele technische Fähigkeiten besitzt. Und genau das haben wir hier getan. Wir haben eine sehr direkte Definition des Vereinten Königreiches geschaffen. Also, bei uns sind die Inhalte außen." Man habe bewusst ankämpfen wollen gegen das Big-Ben- und Bobby-Klischee, meint sie.

Meerjungfrauen und Balkanklänge

Nebenan präsentiert sich Holland mit Tulpen und Schafen. Spanien hat es mit Strohmatten versucht. Deutschland mit deutscher Sachlichkeit. Dänemark hat die Meerjungfrau ausgestellt. Und Rumänien überschallt mit Balkanklängen alles. Jeder meint, ohne Klischees auskommen zu können. Und doch kann man dann nicht anders.

Walzerseligkeit

Im modernen rot-weiß gehaltenen österreichischen Pavillon darf Wiener Glanz bei all der Hightech-Präsentation des Landes nicht fehlen. Man fährt gut mit dem Bild vom walzerseligen Land schöner Berge und Städte.

"Voneinander lernen"

Weil die Beziehungen so gut sind, stellt sich heute sogar die Nummer 5 in der chinesischen Staatsspitze, Li Changchun, auf Kurzbesuch ein. Und wenn man ihn zur Bedeutung der EXPO befragt, merkt man auch sofort, dass das Politbüro-Mitglied auch Oberideologe im Propagandaministerium ist: "Seit der Reform und Öffnungspolitik ist das für China eine einmalige Gelegenheit. Außerdem können wir von den zivilisatorischen Errungenschaften der anderen Völker der Welt lernen."

Profit für Österreich?

Und die Beziehungen zu Österreich sind natürlich blendend. Der österreichische EXPO-Kommissar Hannes Androsch überreicht ihm dann noch einen Tiger, passend zum Jahr des Tigers und erinnert daran, dass österreichische Unternehmen mit ihrer "hochstehenden Kommunaltechnologie" vom EXPO-Motto einer lebenswerten Stadt viel profitieren könnten.

Kleine heile Welt

Möglicherweise noch mehr Umwelttechnologie nach China? Das EXPO-Gelände ist jedenfalls ein Sonderfall. Auf den Toiletten, wo es sonst in China kaum je irgendein Papier gibt, gibt es hier Recyclingpapier. Und es gibt Mülleimer mit einem eigenen Fach für Altbatterien. Normalerweise kommen die in China in den Hausmüll. Für Trinkwasser aus der Leitung ist auch gesorgt. Auch das wäre ansonsten in Shanghai nicht zu empfehlen. Und so ist die EXPO dann doch eine schöne, heile, kleine Welt, die mit der Realität draußen aber nicht viel zu tun hat.