Patti Smith und Robert Mapplethorpe

Just Kids

In dieser Autobiografie schildert die Rockpoetin Patti Smith ihre Beziehung und lebenslange Freundschaft mit dem Künstler und Fotografen Robert Mapplethorpe. Gleichzeitig mit der Buchausgabe ist soeben auch das von Sophie Rois gelesene Hörbuch erschienen.

Sophie Rois liest Patti Smith

Was zu essen oder Künstlerbedarf? Wofür sollen die letzten Dollars ausgegeben werden?

Als Patti Smith mit ihrem 1975 erschienenen Debüt-Album "Horses" auf Anhieb zur Wegbereiterin einer eigenständigen New Yorker Punk-Szene wurde, hatte sie harte Jahre hinter sich. Die späten 1960er und frühen 1970er waren eine Zeit der künstlerischen Ambitionen und eines nahezu chronisch leeren Magens für sie und ihren Gefährten Robert Mapplethorpe. Dem 1989 an AIDS verstorbenen Künstler und Fotografen hat sie in ihrem Memoirenband "Just Kids" ein Denkmal gesetzt. Auch für die deutsche Übersetzung wurde der Originaltitel beibehalten.

Viel Kreativität, wenig Geld

1967. In New York kreuzen sich die Wege zweier junger Menschen mit hohem Kreativpotenzial und ohne Geld. Patti Smith, aus einer bitterarmen Familie in der Provinz stammend, hat ihr Kind nach einer ungewollten Schwangerschaft in die Obhut einer Familie gegeben. Was aus dem Kind geworden ist, weiß sie bis heute nicht.

In New York erhofft sie sich mehr als das Leben einer mies bezahlten Fabrikarbeiterin. Der schwärmerische Robert hat immerhin ein vorübergehendes Quartier, das er mit der obdachlosen jungen Frau teilt. Die beiden ziehen ständig um und leben in Löchern, für die der Begriff Substandard ein Kompliment wäre. Er malt, klebt Collagen wie besessen und hat bereits erste Erfahrungen mit LSD. Seine überbordende Kunstproduktion wirkt ansteckend auf Patti, deren größtes Vorbild Frida Kahlo ist. Von Drogen hält sie sich weitgehend fern.

Beide sind in einem stürmischen Prozess der persönlichen Entwicklung begriffen. Robert entdeckt das Okkulte und dann seine homosexuelle Seite. Die Beziehung gerät ins Trudeln und festigt sich wieder, als Patti ihren völlig verlausten und bedenklich kranken Partner in einer Absteige für Junkies entdeckt und ihn von einem Arzt behandeln lässt.

Von der Liebe zur Freundschaft

Ohne Selbstmitleid schildert Patti Smith ein Leben im subkulturellen Prekariat an der Grenze zum Verhungern, vom Summer Of Love der Hippies bis ins Jahr 1969, in dem es plötzlich aufwärts geht. Wendepunkt ist der Umzug ins legendäre Chelsea Hotel, berühmt als Herberge für verrückte Künstler. Der Manager akzeptiert die Zeichenmappen des Paares als Sicherheit und gibt ihm das kleinste Zimmer.

Hier entdeckt Robert mit einer Polaroid die Fotografie als Kunstform und trifft auf Andy Warhol. Patti schreibt von der Beat Generation beeinflusste Poesie, lernt Musiker kennen. Der Weg zu Auftritten mit Band ist geebnet. Die Beziehung geht zu Ende, doch die Freundschaft mit Robert bleibt lebendig bis 1989, als Patti die Urne mit Roberts Asche in der Hand hält.

Manch andere Künstler schreiben Memoiren mit deutlichem Hang zur Selbstbespiegelung. Patti Smiths Bericht über die gemeinsamen Jahre ist frei von Eitelkeiten und eine Hommage an einen geliebten Menschen.

Text: Manfred Kronsteiner

Service

Buch Patti Smith, "Just Kids. Die Geschichte einer Freundschaft", aus dem Amerikanischen übersetzt von Clara Drechsler und Harald Hellmann, Verlag Kiepenheuer & Witsch

Hörbuch mit Sophie Rois, "Just Kids", 5 CDs, Tacheles! Roof Music

Patti Smith
The Robert Mapplethorpe Foundation