Warten auf Justiz-Entscheidung

Ein Jahr nach Ebensee

Ein Jahr ist es her, dass fünf Jugendliche im ehemaligen Konzentrationslager Ebensee für Entsetzen gesorgt haben. Sie sollen bei der Befreiungsfeier am 9. Mai mit Softguns auf Überlebende geschossen und Nazi-Parolen gerufen haben. Ein Jahr danach ist noch immer nicht entschieden, ob die Jugendlichen angeklagt werden.

Mittagsjournal, 04.05.2010

Sieg-Heil Rufe

Der Fall Ebensee ist klar, sagt Willy Mernyi, der Vorsitzende des Mauthausen-Komitees. Fünf mit Sturmhauben vermummte Burschen haben vor einem Jahr Teilnehmer der Gedenkfeier attackiert und mit rechter erhobener Hand Sieg-Heil und Heil Hitler gerufen. Es gibt Zeugen, die Täter sind bekannt und teilweise auch geständig. Dennoch gibt es keine Entscheidung der Justiz, sagt Mernyi. Es sei ein Pingpong-Spiel zwischen Staatsanwaltschaft und Ministerium.

Staatsanwaltschaft weist Vorwürfe zurück

Die zuständige Staatsanwaltschaft Wels wehrt sich gegen den Vorwurf, das Verfahren zu verschleppen, man habe den Akt schon Anfang des Jahres an das Justizministerium geschickt, dort sei er gelegen. Neue Ermittlungen seien angeordnet worden. Es stimmt nicht, dass ein Jahr lang nichts passiert ist, sagt auch der Sprecher von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Es mussten Zeugen im Ausland befragt werden, das gehe eben alles nicht so schnell. Zuletzt hat die Staatsanwaltschaft bei der Jugendwohlfahrt angefragt, ob über die Familien der Verdächtigen etwas vorliegt. Diese Anfrage sei schon beantwortet, sagt der zuständige Bezirkshauptmann.

Nicht nur für die Opfer dieser Störaktion sei es unbefriedigend, dass es keine Entscheidung gibt, auch für die Jugendlichen selbst, sagt Willy Mernyi. Er halte nichts von Inhaftierungen. Aber, um mit den beiden Jugendlichen arbeiten zu können, müsse das Verfahren abgeschlossen sein.

Mernyi: Justiz zögerlich

Zwei der fünf Jugendlichen waren ursprünglich in Untersuchungshaft, wurden aber Ende Mai des Vorjahres, unter Auflagen, entlassen. Willy Mernyi ortet zwei weitere Verfahren im rechtsextremen Umfeld, die die Justiz aus seiner Sicht zu zögerlich bearbeitet. Eine Anzeige gegen die Welser Bürgerliste "Die Bunten" und gegen die "Nationale Volkspartei", die bei der oberösterreichischen Landtagswahl antreten wollte. Oberösterreichs Landeshauptmann behaupte zwar, dass es im Bundesland keine Rechtsradikalen gebe, die Fälle würden aber das Gegenteil beweisen, so Mernyi.


Was er den Überlebenden bei der Befreiungsfeier am kommenden Sonntag sagen werde, wisse er noch nicht, sagt Mernyi. Das Mauthausen-Komitee habe jedenfalls alles zur Aufklärung des Falles getan.