Retrospektive im Filmmuseum

Ophüls und Ophüls

Max Ophüls gilt mit seinen Verfilmungen von Schnitzlers "Liebelei" bis zu Goethes "Werther" als einer der wegweisenden Kinoregisseure des 20. Jahrhunderts. Im Filmmuseum wird nun erstmals sein Werk und das seines Sohnes, des Dokumentarfilmers Marcel Ophüls, im Rahmen der Wiener Festwochen zu sehen sein.

Kultur aktuell, 08.05.2010

Familienbande sind nicht unbedingt ein Grund für eine gemeinsame Werkschau. Noch dazu, wo Vater und Sohn Ophüls in ganz verschiedenen Genres zu Hause waren. Vater Max Ophüls inszenierte vorwiegend stilistisch höchst ausgeklügelte Historiendramen, während Sohn Marcel Ophüls in seinen epischen Dokumentarfilmen die historischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts analysierte. Die Gemeinsamkeiten sind jedoch da. So war Marcel Ophüls etwa, erzählt Alexander Horwath, Leiter des Filmmuseums, ein großer Freund des Entertainments.

Größten Wert auf Stilfragen gelegt

Die politische Aufklärungsarbeit, die Max Ophüls in seinen Filmen leistete, wurde lange Zeit übersehen. Wahrscheinlich weil vertrackte Liebesgeschichten und Dreiecksbeziehungen oft im Zentrum seiner Filme stehen.

Dass Ophüls lange Zeit als unpolitisch wahrgenommen wurde, hatte aber wohl auch damit zu tun, dass seine Erzählungen nur selten in der Gegenwart angesiedelt waren und er immer allergrößten Wert auf Stilfragen legte. Bei Ophüls "wurde die Kamera zum Tänzer und lernte sogar fliegen", so Horwath.

Spielplatz Wien

Dass Ophüls trotz allem ein hochpolitischer Mensch war, erklärt sich schon aus seiner Biografie: Als Jude musste er vor den Nazis zuerst nach Frankreich fliehen, später ging er dann ins Exil in die Vereinigten Staaten. Antinazifilme hatte er zwar keine gedreht, er engagiert sich aber in Radio und Zeitungen gegen Hitler und das Dritte Reich. Im Film galt sein Hauptaugenmerk den Klassenunterschieden und dem Verhältnis zwischen den Geschlechtern.

Seine Geschichten ließ er am liebsten in Wien spielen. Dabei hatte der gebürtige Saarländer Wien nur kurz kennengelernt. Als junger Theaterregisseure inszenierte er Ende der 1920er Jahre am Wiener Burgtheater, wo er aber bald auf antisemitische Anfeindungen traf. Das Wien der Literatur, wie es bei Arthur Schnitzler oder Stefan Zweig heraufbeschworen wurde, ließ ihn aber nie los.

Kein Kitsch

Dass Ophüls kein verkitschtes Wien zum Leben erweckt, zeigt sein erster Welterfolg, die Verfilmung von Schnitzlers "Liebelei". Kalt und abweisend ist die Stadt, in der Klassenschranken noch immer Schicksale zerstören. Etwa, wenn ein betrogener Adliger den früheren Liebhaber seiner Frau zum Duell fordert.

Mit "Liebelei" wird am Abend auch die bis 13. Juni 2010 laufende Ophüls-Filmschau eröffnet. Und das lädt zu einem interessanten Vergleich ein, denn Luc Bondy wird die "Liebelei" bei den Wiener Festwochen in neuer Fassung auf die Bühne bringen.

Textfassung: Ruth Halle

Service

Retrospektive Max Ophüls, 8. Mai bis 13. Juni 2010, Filmmuseum Wien

Retrospektive Marcel Ophüls, 28. Mai bis 11. Juni 2010, Filmmuseum

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