Im Journal zu Gast
Faymann pocht auf Vermögens- und Bankensteuer
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) unterstreicht die Forderungen seiner Partei nach vermögens- und finanzmarktbezogenen Steuern. Im Ö1-Interview "Im Journal zu Gast" sagte Faymann, diese Vorschläge reichten aus, um die geplanten zusätzlichen Steuereinnahmen aufzubringen. Eine höhere Mineralölsteuer würde dadurch unnötig.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 15.05.2010
Banken sollen sich selbst versichern
Faymann (SPÖ) erneuert seine Forderung nach einer Bankenabgabe: "In Zukunft werden die Banken einen größeren Beitrag leisten, weil in der Vergangenheit haben sie einen zu geringen Beitrag geleistet." Dabei seien die angepeilten 500 Millionen Euro fürs Bundesbudget nur ein Teil. Zusätzlich müssten die Banken selber eine Versicherung bilden, damit sie Krisen, die sie verursachen, auch selber bezahlen können.
Transaktionssteuer statt mehr MÖSt
Was zusätzliche Steuereinnahmen betrifft, beharrt Faymann darauf, dass die vermögens- und finanzmarktbezogenen Vorschläge der SPÖ ausreichen. Das hätten Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstituts ergeben. Nun warte er darauf, was die ÖVP konkret unter ihren ökologischen Steuervorschlägen versteht. So würde eine europäische Finanztransaktionssteuer eine Mineralölsteuer-(MÖSt)-erhöhung und damit höhere Treibstoffpreise "eindeutig" unnötig machen. Immerhin sei bereits die Hälfte der EU-Staaten dafür. Man sei "auf dem Weg zur Mehrheit", so Faymann.
Sparen durch Verwaltungsreform
Bei der Budgetsanierung durch sparen dürften die Bürger aber nicht das Gefühl bekommen, dass sie sich das Spital wegen hoher Selbstbehalte nicht mehr leisten können. Sozialleistungen müssten weiter gewährleistet werden, bei Doppelgleisigkeiten könne man aber einsparen, etwa im Rahmen der Verwaltungsreform: "eine gemeinsame EDV, gemeinsame Abläufe, Streichen von Zwischenebenen wie die Bezirksschulinspektoren". Konzepte dafür müssten die Minister bis zum Herbst vorlegen. Bei den Ländern werde es nicht einfach, weil die Landeshauptleute auf ihren Strukturen und Kompetenzen beharren. Es sei aber nicht so viel zu holen wie oft dazu addiert wird, "weil die Spitäler werden wir brauchen".
Hacklerregelung neu
Bei der Hacklerregelung ist für den Bundeskanzler klar, dass man sich die geltende Form nicht auf Dauer leisten könne. Der Sozialminister werde eine Lösung ausarbeiten. Die Änderung müsse aber mit einer gewissen Vorschau rechtzeitig bekanntgegeben werden.
Schweiz soll mitzahlen
Angesprochen auf die Kritik von SPÖ-Klubchef Josef Cap an der Schweiz meinte Faymann, diese versuche, "sich Rosinen herauszupicken", weil sie zwar nicht EU-Mitglied sei, aber durch viele Verträge doch dabei. Und Faymann deutet an, dass man von solchen Ländern einen Beitrag zu Banken- und Finanzmarktrettungen einfordern könnte.
Werben in Deutschland
Faymann will am kommenden Dienstag in Deutschland bei SPD und Bundeskanzlerin Merkel (CDU) für seine Sicht der Dinge werben, wozu auch die Forderung nach einer Transaktionssteuer und europäische Ratingagenturen gehört. Als größte Hürde betrachtet Faymann die FDP, "die Neoliberalismus am liebsten so definieren würde, dass jetzt wieder nichts macht und zuschaut, wie dieselben Strukturen wieder aufgebaut werden."
Faymann schafft an, Pröll führt aus?
Faymann weist die Ansicht zurück, er habe sich im Kampf gegen die Krise im Hintergrund gehalten, während es in anderen Ländern Chefsache gewesen ist. So habe er im EU-Rat als erster das Wort ergriffen und verlangt, dass die Entscheidungen durch die Regierungschefs getroffen würden. "Da kann man sich nicht abputzen auf Finanzminister. Die haben das auszuführen, was Regierungschefs verlangen." Man brauche sich aber auch nicht rühmen, wenn man Steuerzahler für Haftungen heranzieht. Es sei aber auch vom ORF ausführlich über seine Stellungnahmen berichtet worden. Und Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) habe ihn ausreichend informiert.
Maßlose Geschäfte und EU-Strukturen
Dass der Euro weiter unter Druck ist, liegt nach Ansicht Faymanns an den unterschiedlichen Strukturen der Euro-Länder sowie vielerorts herrschender Schattenwirtschaft und Korruption. Mit diesen Unterschieden und der Spekulation darauf werde man noch länger zu kämpfen haben, so Faymann. Die Krise sei zurückzuführen auf eine Summe jener die sich übernommen haben, sagt Faymann, wozu auch Griechenland gehöre. Die Spekulation habe aber nicht Probleme durch Sozialleistungen, sondern jene Probleme, die durch maßlose Geschäfte entstanden seien. Keinesfalls könne der Arbeiter etwas dafür, wenn die Einschätzungen durch Ratingagenturen die Zinsaufschläge erhöhen. So seien die für Österreich berechneten Aufschläge im Vergleich zu Deutschland wieder bei nahezu null, weil das Osteuropa-Risiko wieder als geringer betrachtet werde.