Wegen Wirtschaftskrise und Staatsschulden

Italien schnürt Sparpaket

Italien schnürt nun doch auch ein Sparpaket, um die Staatsfinanzen einigermaßen unter Kontrolle zu halten. Anfang Juni sollen die Vorschläge Italiens in Brüssel präsentiert werden. Sie sehen vor allem Einschnitte bei Pensionisten und Beamten vor.

Mittagsjournal, 17.05.2010

Paket mit Folgen

Bisher hat die Regierung Berlusconi der Bevölkerung stets eingetrichtert, dass Italien mit der Finanzkrise nichts zu tun habe. Die Neuverschuldung des Landes war tatsächlich nicht so hoch wie in den Sorgenländern Griechenland oder Portugal, aber die Gesamthöhe der italienischen Staatsschulden macht Probleme. Bis Anfang Juni soll nun das Sparpaket Italiens in Brüssel abgeliefert werden - und dieses Sparpaket dürfte drastische Folgen für die Bevölkerung haben.

28 Mrd in zwei Jahren

Keine Sorge, alles in Ordnung! - das war monatelang die Botschaft der Regierung an das italienische Volk. Und jetzt gibt´s doch ein Sparpaket. Was nun? fragen sich viele Italiener, die jetzt gespannt darauf warten, ob das italienische Sparpaket möglicherweise griechische Dimensionen annehmen könnte.

Fast 28 Milliarden Euro sollen in den nächsten beiden Jahren eingespart werden, diese Summe wird in Regierungskreisen nicht bestätigt, aber auch nicht abgestritten. Einzelheiten, wie diese Milliarden zusammengekratzt werden sollen, sind auch schon inoffiziell im Umlauf.

Später in Pension gehen

Und die Vorschläge haben es in sich - die soziale Pax Romana - der relativ stabile soziale Frieden in den vergangenen Boom-Jahren könnte damit vorbei sein. Die Gewerkschaften spannen schon mal ihre Muskeln. Am meisten zittern die Pensionisten und die, die es demnächst werden wollen. Der Pensionszugang soll verzögert werden - und zwar sofort. Italiener, die genügend Versicherungszeit angesammelt haben, müssen mindestens sechs Monate länger arbeiten. Das Pensionsalter der Frauen soll auf jenes der Männer angehoben werden. Pensionen über 3.500 Euro im Monat sollen einen zusätzlichen Beitrag zur Budgetsanierung zahlen.

Gehaltseinbußen für Beamte und Politiker

Aber auch die Aktiven müssen bluten. Beamte sollen in nächster Zeit auf Gehaltserhöhungen verzichten. Die automatischen Gehaltsvorrückungen sollen bei Staatsanwälten, Soldaten und Universitätsdozenten ausgesetzt werden. Dazu kommen noch nicht näher definierte Einsparungen im Gesundheitsbereich. Und damit man das Ganze auch der Bevölkerung zumuten kann, wollen die Politiker mit gutem Beispiel vorangehen und ihre eigenen Gehälter um fünf Prozent kürzen. Das schlagen jedenfalls Mitglieder der Regierungskoalition vor.

Großinvestitionen in Frage gestellt

Die Steuern sollen nicht erhöht werden, beteuert man im Finanzministerium, aber die eine oder andere Großinvestition wird in Frage gestellt - auch wenn es sich um Lieblingsprojekte Berlusconis handelt. Muss die Brückenverbindung nach Sizilien wirklich sein? Oder der U-Bahnausbau in Mailand? Die Fußball-Europameisterschaft 2016 oder gar die Olympiade 2020. Alles steht im Zeichen der Krise zur Disposition.

Missbrauch von Invalidenrenten abstellen

Einsparungspotenzial sieht die Regierung auch bei den Invalidenrenten, die sich vor allem im Süden des Landes großer Beliebtheit erfreuen. Zu großer Beliebtheit, wie etliche Razzien in den vergangenen Jahren bewiesen haben. Missbrauch und Betrug mit Invalidenrenten haben in gewissen Landesteilen schon Tradition. Damit soll jetzt Schluss sein. Die Überprüfung aller verdächtigen Rentenbezüge wird sofort in Angriff genommen. Am Wochenende ist der Fall eines vermeintlichen Blinden bekannt geworden, der jahrelang zu Unrecht eine Invalidenrente kassiert hat.

Der Mann hat große Augen gemacht, als er gesehen hat, wer ihn angezeigt hat. Es war sein eigener Sohn. Auch ein Blinder kann damit sehen, dass die Sparpläne der Regierung auch den Keim eines Generationenkonflikts in sich tragen.