Für Italiener alles in Ordnung

Krise? - "Tutto al posto"

Auch Italien zählt zu den Wackelkandidaten im Euro-Raum, aber die Italiener selbst scheinen das anders zu sehen. Wenn von der Finanzkrise die Rede ist, zeigen sie mit dem Finger auf Griechenland, vielleicht auch auf Portugal oder Spanien. Sie selbst fühlen sich aber nicht betroffen - eine Stimmung, die auch von der Politik gepflegt wird.

Mittagsjournal, 11.05.2010

Irland - nicht Italien

Die Finanzkrise ist auch in italienischen Tageszeitungen heute das beherrschende Thema. Über mehrere Seiten wird jedes interessante Detail bewertet. Und wenn von den vier Gefahrenländern des Euro-Raums die Rede ist, dann meint man damit Griechenland, Portugal, Spanien und - Irland.

Italien - "super"

Krise - das scheint in Italien immer die Krise der anderen zu sein. Dieses Bild wird auch von den Politikern gerne gepflegt. Sicherlich gehört es auch zu den Aufgaben eines Finanzministers, die Bevölkerung zu beruhigen und jede Panik der Sparer zu vermeiden. Doch die italienische Variante des Krisenmanagements wird sicher nicht überall in Europa verstanden. Sogar Staatspräsident Giorgio Napolitano durfte gestern im Fernsehen bekanntgeben, dass Italiens Wirtschaft super sei.

"Tutto a posto"

Silvio Berlusconi hingegen gebärdet sich als Retter des Euros, weil er die Vermittlungsgruppe in Brüssel leiten darf. Bei der Zusammenstellung der Griechenland-Hilfe hat sich Italien sogar in die erste Reihe gestellt und das Hilfspaket mit Eilzugstempo durchs Parlament gejagt. Selbst das ewig bewunderte Deutschland wurde öffentlich für seine zögerliche Haltung kritisiert. "Tutto a posto" - alles in Ordnung, das ist die primäre Botschaft an das italienische Volk. Eine Botschaft, die auch geglaubt wird.

Gute Wirtschaftsdaten

Als vor kurzem Italien bessere Defizitprognosen als die USA vorweisen konnte, ging ein Jubel durchs Land. Alles nur eine Frage des Vergleichs. Tatsächlich steht Italiens Wirtschaft sogar sehr gut da, wenn man sie mit Griechenland vergleicht. Eine starke exportierende Industrie, Produkte Made in Italy auf der ganzen Welt, Lebensmittel, Mode, Sportwagen, Motorräder. Dazu noch eine geringe Privatverschuldung der italienischen Familien und eine hohe Sparquote. Die Banken sind aus der ersten Finanzkrise relativ ungeschoren davongekommen - das verdanken sie der konservativen Strategie im Mutterland des modernen Bankwesens.

Sparen? Ja, eh!

Zwar ist Italiens Staatsverschuldung Europa-Spitze, aber noch gibt es Wachstum. Um ein Prozent soll die Wirtschaft in diesem Jahr wachsen. Sparen? Natürlich, sagt der gelernte Italiener und wendet sich angenehmeren Themen zu. Man fühlt sich schlicht und einfach nicht angesprochen, vorsichtige Ermahnungen aus dem Ausland werden nicht einmal ignoriert.

Fußball ist wichtiger

Außerdem hat man jetzt wichtigeres zu tun, als irgendwelche Defizite zu kritisieren oder gar Sparpakete zu schnüren. Die Italiener beschäftigt vielmehr die Frage, welche Fußballer das Land bei der Weltmeisterschaft in Südafrika vertreten werden, der Team-Kader wird heute bekannt gegeben. Erwartet wird - wie immer - eine starke Verteidigung. Man wird sie wohl brauchen. Italien wäre nicht das erste Land, das in diesen stürmischen Zeiten wie aus dem Nichts plötzlich ein Tor kassiert.