Zweifel werden wieder größer

Ernüchterung an den Börsen

Gestern hat sich an den Finanzmärkten weltweit kollektive Euphorie ausgebreitet. Als Reaktion auf das 750-Milliarden-Euro-Rettungspaket sind die Kurse vor allem in Europa stark gestiegen. Heute ist die Luft schon wieder draußen. Die skeptischen Stimmen werden lauter.

Mittagsjournal, 11.05.2010

Finanzmisere unverändert

Eine der kritischen Stimmen davon stammt - wieder einmal - von einer Rating-Agentur. Die Agentur Moody's hat angekündigt, dass sie die Kreditwürdigkeit Griechenlands und Portugals in einigen Wochen möglicherweise herabstufen wird. Mehr und mehr setzt sich an den Finanzmärkten die Meinung durch, dass das Milliardenpaket nur die eine Seite ist. An der Finanzmisere einiger Euro-Staaten ändere das nichts.

Börsen im Rückwärtsgang

Auf die Euphorie folgt die Ernüchterung - das zeigt heute ein Blick an die Börsen. Nach dem gestrigen Kursfeuerwerk haben die Aktienmärkte Dienstagvormittag zunächst den Rückwärtsgang eingelegt. Die Verluste in Asien setzen sich in Europa fort. So waren zu Mittag die Börsen in Frankfurt und Wien derzeit eineinhalb Prozent im Minus.

Zweifel werden wieder größer

Dafür gibt es mehrere Gründe: Die großen Kursgewinne gestern waren vor allem eine Gegenbewegung zu den starken Verlusten der Vorwoche - die Börsen haben sich also wieder auf einem mittleren Niveau eingependelt. Und der Rettungsschirm wirkt nur teilweise beruhigend, sagen Experten. Denn die Garantien von EU und Internationalem Währungsfonds, so groß sie auch sind, lösen das grundlegende Problem der hohen Staatsschulen nicht. Dazu braucht es ein tiefgreifendes Sparpaket und Reformen. Und ob das die Regierung in Athen durchsetzen kann, daran zweifeln die Anleger.

Kritischer Bericht des IWF

Das sieht auch der Internationale Währungsfonds (IWF) so, der ja selbst am Hilfspaket beteiligt ist und deshalb größtes Interesse hat, dass die Hilfe auch wirkt. Die Euroländer sollten Mängel in ihrem Finanzsystem beheben und mehr Haushaltsdisziplin zeigen, heißt es in einem aktuellen Bericht des IWF zur wirtschaftlichen Lage in Europa. Hohen Staatsschulden gehören demnach zu den größten Risiken. Für Griechenland rechnet der IWF damit, dass die Verschuldung bis 2013 auf 149 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes steigen wird, bis 2020 sollte sie dann schrittweise auf 120 Prozent des BIP sinken.

Unüblicher Schritt von Moody's

Aber nicht nur die Aktienkurse, auch der Euro ist wieder gefallen. Auslöser dafür war eine Ankündigung der Ratingagentur Moody's, wonach sie die Kreditwürdigkeit von Portugal und Griechenland möglicherweise nochmals herunterstufen wird. Dieser Schritt ist unüblich, aber angesichts der Gerüchte am Markt gibt die Ratingagentur weitere Informationen über den Zeitplan und das Ausmaß kommender Rating-Veränderungen bekannt, heißt es von Moody's.

Versuch eines Mittelwegs?

Die Ratingagenturen sind nicht erst seit der Griechenland-Schuldenkrise unter Druck. Das Investmenthaus Lehman-Brothers war ja trotz eines positiven Ratings von Doppel-A-Plus Pleite gegangen und hatte damit eine weltweite Finanzkrise ausgelöst. Danach wurde den Agenturen vorgeworfen, zu spät gewarnt zu haben. Bei Griechenland lautet der Vorwurf, die Ratingagenturen hätten die Sparverhandlungen zwischen EU und Athen nicht abgewartet und zu früh heruntergestuft. Jetzt versucht man offenbar einen Mittelweg, und warnt schon jetzt, dass man in ein paar Wochen herabstufen könnte.