WIFO-Chef hat Vorbehalte

Transaktionssteuer ja, aber nicht allein

Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), ist grundsätzlich für die Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen. Davon, dass Österreich ganz allein so eine Steuer einführen soll, hält Aiginger allerdings wenig. Zumindest eine geschlossene Ländergruppe sollte es schon sein.

Morgenjournal 18.05.2010

Zumindest eine Ländergruppe

Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Österreich wäre schwer, man sollte nach einer weltweiten, zumindest aber einer europaweiten Einführung trachten, sagt Aiginger. Sollte sich ein einzelnes Land dagegenstellen, wie etwa Großbritannien, dann könnte man es auch in einer kleineren, aber trotzdem geschlossenen Ländergruppe machen. Jedenfalls sollten die regional angrenzenden Märkte mitmachen, für Österreich als Deutschland, Italien und einige östliche Nachbarn. "Schweden und Finnland würden vielleicht auch mitmachen und dann hätten wir eine Zeitzone", so Aiginger. Konkrete Länder will er aber nicht nennen, "weil dort sonst lobbyiert wird und nichts stattfindet."

Ein Land allein ist nicht genug

Die Wirkung der Steuer schätzt Aiginger so ein: "Ich glaube, dass die Finanztransaktionssteuer in gewissem Maß die Transaktionen eindämmt und damit das Problem an der Wurzel aufgreift und zum andern teil zur Budgetsanierung zur Verfügung steht. Es ist also ein doppelter Nutzen." Das gelte aber nur, wenn es ein Länderverbund mache, so Aiginger: "Ein Land allein ist sicher nicht genug." Wenn die Steuer auf ein Land allein beschränkt bleibt, dann sei das eine Börsenumsatzsteuer. "Und das wäre insofern das Gegenteil, als hier der direkte Kauf eines Unternehmens am stärksten belastet wird und nicht das Wetten für und gegen den Untergang einer Firma oder eines Landes." In diesem Fall ginge es ums Geldeintreiben und selbst in diesem Fall sollte es eine Gruppe benachbarter Länder sein, so Aiginger. "Denn die Distanz zwischen Bratislava und Wien ist sehr kurz."

"Richtige Steuer zur Budgetsanierung"

Sollte eine europäische Transaktionssteuer doch kommen, bliebe immer noch die Frage, was mit den Einnahmen passiert. Während das EU-Parlament sie für die Entwicklungshilfe vorsieht, will man sie in Österreich zur Budgetsanierung verwenden. Nach Ansicht Aigingers wäre die Finanztransaktionssteuer die "beste Möglichkeit", die Budgetdefizite der Länder zurückzuführen. "Die Steuer wäre systemisch richtig, sie greift dort an, wo die Instabilität herkommt - in den zu großen Finanztransaktionen im Verhältnis zur realen Wirtschaftsleistung, und sie würde hohe Geldbeträge hereinbringen, ohne den Konsum und ohne die Investitionen zu belasten."

Zwei Milliarden für Österreich

Der Umfang der Einnahmen wäre jedenfalls sehr groß und würde den Umfang der Entwicklungshilfe übersteigen, sagt Aiginger. Er nennt bei einer europaweiten Einführung die Summe von 100 Milliarden Euro, wovon auf Österreich zwei Milliarden Euro entfielen - "weit mehr als wir für die Entwicklungshilfe ausgeben wollen und für das EU-Budget brauchen".

Europaweite Chancen steigen

Eine Steuer auf Finanztransaktionen hat in der EU möglicherweiese doch größere Chancen als bisher angenommen. In Österreich verlangt vor allem die SPÖ eine solche Steuer auf Finanzgeschäfte, notfalls auch im Alleingang. Jetzt kommen auch aus der Deutschen Regierung Stimmen für eine Finanztransaktionssteuer. Und auch der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, hat sich in der Nacht nach einem Treffen der EU-Finanzminister für eine solche Steuer ausgesprochen.