Reaktionen zu Pröll-Plänen

Sozialmissbrauch im Visier

Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) hat am Wochenende einen Plan gegen Steuer- und Sozialbetrug vorgelegt. Konkret hat Pröll den Sozialtourismus im Visier, bei dem Beihilfen und Zulagen von Menschen bezogen werden, die zwar in Österreich gemeldet sind, aber nicht hier leben.

Mittagsjournal, 25.05.2010

Transparenz-Datenbank

Fairness gegenüber den Steuerzahlern: Unter diesem Motto will Finanzminister Josef Pröll nicht nur Steuerhinterziehung sondern auch Sozialmissbrauch bekämpfen. Dazu sollte rasch eine Transparenz-Datenbank eingerichtet werden, in der alle Förderungen, Zuschüsse und Beihilfen aufscheinen - eine bereits bekannt Forderung des Finanzministers. Pröll will auch Mehrfachbezüge verhindern und Doppelförderungen prüfen - wie zum Beispiel ob es gerechtfertigt ist, dass manche Bürger sowohl Mietzinsbeihilfen des Bundes als auch Wohnbeihilfen des Landes beziehen. Mit neuen Regeln will Pröll ungerechtfertigte Mehrfachzahlungen unterbinden.

"Sozialtourismus" eindämmen

Bekämpfen will der Finanzminister auch den sogenannten Sozialtourismus. Damit sind Fälle gemeint, in denen Ausländer, die in Österreich gemeldet sind, aber nicht hier leben, Sozialleistungen bekommen, zum Beispiel eine Ausgleichszulage zu ihrer Pension. Hier sollte Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) die tatsächlichen Lebensumstände der Sozialhilfebezieher strenger kontrollieren, verlangt Pröll. Sozialmissbrauch einzudämmen sei immer eine gute Idee, reagiert der angesprochene Sozialminister. Das geforderte Gesetz gebe bereits. Er habe vor einem dreiviertel Jahr ein entsprechendes Gesetz für strengere Kontrollen vom Nationalrat beschließen lassen, so Hundstorfer.

Ausgleichszulagen

Bei den Ausgleichzulagen werde schon jetzt sehr genau kontrolliert, betont Sozialminister Hundstorfer. Bei Zweifel müssten sogar Mietverträge und Stromrechnungen vorgelegt werden. Derzeit arbeite er mit Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) an neuen Bestimmungen im Aufenthaltsrecht, damit niemand nach Österreich kommen könne, nur um Ausgleichzulage zu beziehen. Fekter wollte dazu heute keinen Kommentar abgeben, zuständig sei der Sozialminister.

Familienbeihilfe strenger kontrollieren

Auch bei der Familienbehilfe wünscht sich Finanzminister Pröll strengere Kontrollen. Bezahlt werden Familienbehilfe und Kindergeld aus dem Familienlastenausgleichsfonds, der allein heuer fast 1 Milliarden Euro Schulden anhäufen wird. Jede Entlastung des Fonds ist daher höchst willkommen. Die zuständige Familien-Staatsskretärin Christine Marek (ÖVP) war zu einem Interview nicht erreichbar, ließ aber ausrichten, dass sie den Vorstoß von Finanzminister Pröll gegen Steuer- und Sozialmissbrauch begrüße. Mehr Transparenz und Effizienz bei Transferleistungen sei auch ihr Ziel.

Arbeitnehmer-Freizügigkeit

Sozialminister Hundstorfer verweist auch bei der Familienbehilfe auf geltende Gesetze. Innerhalb der EU gilt die Arbeitnehmer-Freizügigkeit. Umgekehrt würden auch zigtausende Österreicher im Ausland leben und dort Anspruch auf Familienbeihilfe haben, obwohl ihre Kinder in Österreich sind. Bei Drittstaaten wäre es ohnehin nicht möglich, Familienbeihilfe zu beziehen, wenn die Kinder nicht hier lebten, sagte Hundstorfer.

"Jeder Euro ist wichtig"

Zu den Beträgen, die man mit strengeren Kontrollen von Sozialleistungen einsparen könnte, wollte sich Hundstorfer nicht festlegen. Es seien jedenfalls keine Riesensummen. Doch bei österreichischem Steuergeld sei jeder Euro wichtig, sagt der Sozialminister.

WIFO: gute Ansätze

Wieviel Geld mit den Plänen von Finanzminister Pröll konkret in die Staatskasse kommen kann, sei derzeit noch nicht abschätzbar, sagt die Budget-Expertin Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Die Pröll-Vorschläge seien aber gute Ansätze und würden mehr Konsequenz beim Einheben der Steuern bringen, so Schratzenstaller.

Mittagsjournal, 25.05.2010

Breite Reformen

Die Pläne des Finanzministers müssten aber in einen breiten Reformansatz eingebettet werden. Schratzenstaller denkt dabei an die Senkung von Steuern und lohnbezogenen Abgaben im Kampf gegen die Schwarzarbeit und einem verstärkten Engagement auf internationaler Ebene, um die internationale Steuerflucht einzudämmen.