Vor EU-Russland-Gipfel
Moskau setzt auf Härte
Beim EU-Russland-Gipfel in Rostow am Don Anfang nächster Woche trifft Präsident Medwedjew zum ersten Mal mit Herman van Rompuy und Catherine Ashton zusammen. Aber auch wenn der persönliche Faktor bei solchen Treffen nicht zu unterschätzen ist, Russland spielt sein Großmachtspiel, wer immer ihm auch gegenübersitzt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 26.05.2010
Freundlicher Ton
Präsident Medwedjew und Ministerpräsident Putin haben die Devise ausgegeben, zur Europäischen Union nun freundlich zu sein. Russland braucht Investitionen und Russland braucht zur Modernisierung seiner Wirtschaft den Zugang zu neuen Technologien.
Die Europäische Union hingegen will Russland auf mehr Rechtssicherheit, weniger Korruption und mehr Demokratie festlegen, nicht aus ideologischer Besserwisserei, sondern weil das immer noch der beste Investitionsschutz ist. Russland und die EU reden hier konsequent aneinander vorbei. Der Ausweg für den Gipfel in Rostow liegt diesmal in der Wortschöpfung „Modernisierungs-Partnerschaft“: das ist unverbindlich, auch kann am Modernisierungswillen nicht viel falsch sein.
WTO-Beitritt keine Option
Dass das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen 2007 also vor drei Jahren ausgelaufen ist und bis heute nicht ersetzt wurde, spricht eine deutliche Sprache: Russland will keine Bindungen, keine Regeln, es will aus der Situation heraus handeln. Ein gutes Beispiel: die WTO. Russland behauptet, dass es in die Welthandelsorganisation will und die Vereinigten Staaten seit 16 Jahren dieses Ziel hintertreiben. Tatsache ist, dass Ministerpräsident Putin einen bis dahin noch nicht gekannten Kollektivbeitritt von Russland, Weißrussland und Kasachstan forderte, um die unmittelbar bevorstehende Aufnahme weiter hinauszuzögern.
Russland nützt die WTO-widrigen Schutzzölle für seine Industrie und es braucht die WTO nicht, weil es nichts hat, was es exportieren kann, abgesehen von Öl und Gas und das wird mit und ohne WTO genommen. Russland braucht die WTO-Perspektive, um verschreckte Investoren zu beruhigen, den Beitritt selbst sicher viel weniger. Die Rede vom bösen Westen, der Russland nur mit Vorurteilen begegnet, wird also in Rostow in eine neue Runde gehen. Van Rompuy und Catherine Ashton werden sich darauf einstellen und also die Ernsthaftigkeit Russlands in der Frage WTO prüfen müssen.
Spiel mit Visa-Freiheit
Ähnliches ist bei der Diskussion um die Visa-Freiheit im Reiseverkehr zu erwarten: Russland wird die Visa-Freiheit vorschlagen, wissend, dass die EU dem nicht zustimmen kann, solange Russland eine tausende Kilometer lange, ungesicherte Grenze zu Zentralasien hat. Wieder wird Russland versuchen, die EU als kleinlichen Bremser und sich selbst als Land der großen Gesten und Perspektiven darzustellen.
Die Tricks sind nicht unbedingt neu. Es kommt jetzt darauf an, dass die europäischen Politiker flexibel genug sind, darauf zu reagieren und die Tagesordnung nicht ganz dem russischen Darstellungsbedürfnis opfern.