Photovoltaik in Österreich führt Schattendasein

Strom aus Sonne

Heimische Interessenverbände für erneuerbare Energie halten es für möglich, dass Österreich bereits 2020 die Hälfte der Energieversorgung aus erneuerbaren Energien deckt. Derzeit tragen Solaranlagen nur zu fünf Promille der heimischen Stromleistung bei.

Ungenütztes Potenzial

Rund 200 Billionen Euro soll der Sonnenschein wert sein, der täglich auf Europa fällt. Doch Österreich schneidet sich für die Stromerzeugung kaum etwas von diesem Gratis-Solar-Kuchen ab: Im vergangenen Jahr wurden hierzulande nur sieben Megawatt Peak (MWp) an photovoltaischer Leistung installiert.

Zum Vergleich: In Tschechien waren es 411 MWp, in Frankreich 250 MWp und in Belgien 203 MWp. Weltweiter Spitzenreiter war Deutschland mit 3.800 MWp. Damit wurden im Jahr 2009 in unserem Nachbarland Photovoltaikanlagen mit einer Äquivalentleistung von mehr als drei Atomkraftwerken errichtet. Ein Atomkraftwerk hat eine durchschnittliche Leistung von etwa 1.200 MWp.

Hemmschuh Abwicklung?

Seit 2003 hat sich Österreich in Sachen Photovoltaik völlig von der Weltmarktentwicklung abgekoppelt. Während die Stromerzeugung aus Sonnenlicht weltweit boomt, fristet sie hierzulande im wahrsten Sinne des Wortes ein Schattendasein. Warum das so ist hat mehrere Gründe. Der Marktbeobachter Kreutzer Fischer & Partner (KFP) ortet in einer Branchenstudie eine der Ursachen in der Konstruktion der heimischen Ökostrom-Abwicklungsgesellschaft (OeMAG).

Diese Konstruktion fungiere als eine Art Schutzschirm: Den regionalen Stromversorgern werde damit eine gleichmäßige Belieferung mit Ökostrom garantiert, gleichzeitig würde sie die EVUs (Elektrizitätsversorgungsunternehmen) vor dem Kontakt mit tausenden Kleinanlagen-Betreibern schützen. In Deutschland dagegen werde der Strom von privaten Photovoltaik -Anlagen einfach ins Netz des regionalen Netzbetreibers eingespeist und mit diesem auch abgerechnet. Die Herausforderung schwankender Ökostrommengen liegt in Deutschland also bei den Stromkonzernen und Netzbetreibern.

Forderung nach "Gesetz ohne Deckel"

Eine zweite Ursache liegt nach Ansicht des Bundesverbands Photovoltaic Austria (PVA) nicht in der Höhe der Tarife, sondern in dem Faktum begründet, dass die Tarifförderung für Strom aus Photovoltaik mit 2,1 Mio. Euro begrenzt ist.

"Wir wollen ein Gesetz ohne Deckel", wird PVA-Chef Hans Kronberger nicht müde zu betonen und wendet sich mit einer entsprechenden Petition an die Regierung. Erst, wenn genug Geld da ist, werde auch in Österreich eine Sonnenenergie-Entwicklung nach internationalem Vorbild möglich. Momentan müssten die heimischen Solaranlagen-Hersteller weit mehr als 90 Prozent ihrer Produkte exportieren. Das oberösterreichische Paradeunternehmen Fronius, das bereits Anfang der 1990iger Jahre auf Photovoltaik gesetzt hat, weist einen Exportanteil in dieser Sparte von 98 Prozent aus.

Martin Aichinger von ertex solar assistiert: Unter dem Förderdeckel im Ökostromgesetz leiden nicht nur Personen, die sich eine Solaranlage aufs Dach stellen wollen, sondern auch die Hersteller der Anlagen und das Elektrogewerbe. "Die Basis für große Investitionen fehlt", so Aichinger, der gleichzeitig einen langfristig stabilen Heimmarkt fordert. In Österreich gebe es zwar eine aufstrebende Photovoltaik-Industrie. Die Wechselrichter, Isolierfolien oder Modulteile müssten aber zum größten Teil im Ausland verkauft werden. Man könne die Produkte in Österreich weder positionieren noch ausprobieren.

Geringer Anteil, hohe Kosten?

Mit den 2,1 Mio. Euro, die im Ökostromgesetz für die Stromtarif-Förderung vorgesehen und längst ausgeschöpft sind, könne man kaum mehr als 7 MWp errichten, kritisierte Photovoltaic Austria-Geschäftsführer Kronberger. Insgesamt sind in Österreich laut PVA Solaranlagen mit einer Leistung 40 bis 45 MWp installiert - das sind nur fünf Promille des heimischen Stromverbrauchs. In Bayern betrage der Anteil immerhin drei Prozent.

Bis 2020 möchte der Verband den Sonnenstromanteil in Österreich auf acht Prozent des Verbrauchs ausbauen. Das würde jeden Haushalt - abhängig von der Öl- und Strompreisentwicklung - 9 bis 24 Euro pro Jahr zusätzlich kosten, habe das Verkehrsministerium errechnen lassen.

Strom aus Sonnenenergie muss momentan noch hoch subventioniert werden. Eine Kilowattstunde (kWh) kostet 37 Cent, während der aktuelle Strompreis für Endkunden bei 17 bis 20 Cent liegt. Der Verband Photovoltaic Austria hofft, dass Strom aus der Sonne 2015 gleich teuer sein wird wie der herkömmliche Strom. In Südeuropa wird bereits damit gerechnet, dass im Jahr 2012 die sogenannte Netzparität erreicht wird.

Aktionsplan für erneuerbare Energien

Heimische Interessenverbände für erneuerbare Energie halten es für möglich, dass Österreich bereits in zehn Jahren die Hälfte der Energieversorgung und beinahe die gesamte Elektrizität aus erneuerbaren Energien deckt. Die Organisationen - Biomasse-Verband, IG Windkraft, Kleinwasserkraft Österreich, Photovoltaic Austria, Austria Solar, ARGE Kompost & Biogas Österreich, proPellets Austria - haben Anfang Mai einen Aktionsplan für erneuerbare Energien (NAP) vorgestellt.

Dieser Plan belege - so die Verbände - dass der Anteil erneuerbarer Energie bis 2020 von heute 30 Prozent leicht auf 50 Prozent gesteigert werden könne. In Teilbereichen wie etwa der Stromversorgung sei eine nahezu vollständige Versorgung mit Erneuerbaren möglich.

Die größten prozentuellen Zuwächse seien in den kommenden Jahren bei Solarthermie, Windenergie und Photovoltaik nötig, die größten absoluten Zuwächse in der Nutzung der Biomasse, prognostizieren die Verbände, die sich für den weiteren Ausbau der Wasserkraft aussprachen.

Werde der Aktionsplan umgesetzt, so würden damit jährlich Investitionen von mehr als acht Mrd. Euro ausgelöst und rund 150.000 Arbeitsplätze pro Jahr geschaffen. Österreich könne damit deutlich unabhängiger von den fossilen Rohstoffmärkten werden, den Devisenabfluss für Energieimporte drastisch verringern und rund 25 Mio. Tonnen Treibhausgas-Emissionen einsparen.

Voraussetzung für die Umsetzung des Plans sind nach Meinung der Verbände aber "Anreizmaßnahmen, Anstoßfinanzierungen und geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen", insbesondere aber "ein attraktives Ökostromgesetz".