Vorwürfe statt Einigung
Ärztekammer gegen Sozialversicherung
Die Ärztekammer gibt der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft (SVA), die Schuld daran, dass die Honorar-Verhandlungen gescheitert sind und ab 1. Juni für rund 450.000 Versicherte ein vertragsloser Zustand droht. Eine weitere Verlängerung des bisherigen Vertrages, wie von SVA-Obmann Christoph Leitl vorgeschlagen, lehnt die Ärztekammer ab.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 27.05.2010
"Scheinverhandlungen"
Die Tarife für die Arztleistungen sind bei der SVA seit über vier Jahren nicht angehoben worden, außerdem habe die SVA die Verhandlungen mit der Ärztekammer kurz vor Abschluss mit neuen unannehmbaren Forderungen torpediert, sagt Ärztekammer-Vizepräsident Günter Wawrowski und spricht von "Scheinverhandlungen". Bei der SVA gehe es vor allem ums Geld und erst in zweiter Linie um die Bedürfnisse der Versicherten.
"Einigung ausgeschlagen"
Wawrowski erinnert daran, dass es bereits im vergangenen September fast eine Einigung gegeben hätte. Demnach hätten die Ärzte vier Prozent mehr Honorar bekommen und dafür die auch vom Rechnungshof kritisierten hohen Kosten für Labor-Untersuchungen um 22 Prozent gesenkt. Diese Einigung hat die SVA dann aber doch ausgeschlagen, ergänzt Ärztekammer-Jurist Johannes Zarl.
"Zynisch, um nicht frivol zu sagen"
SVA-Obmann Christoph Leitl hat heute noch einmal vorgeschlagen, den bestehenden Vertrag zwischen Ärztekammer und SVA bis Jahresende zu verlängern, um den vertragslosen Zustand doch noch zu vermeiden. Darauf will die Ärztekammer aber nicht eingehen. Ein Moratorium, also eine weitere Vertragsverlängerung sei unmöglich, "zynisch, um nicht frivol zu sagen", sagt Günter Wawrowski.
Kritik an Leitl
Konkret kritisiert der Ärztekammer-Vizepräsident SVA-Obmann, Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl: "Leitl schaltet sich ein zehn Tage vor Schluss, hat sich bei keiner einzigen Verhandlung als Obmann je gezeigt, will jetzt die medizinische Versorgungswelt neu gestalten und glaubt, das ist einem halben Jahr möglich. Ich weiß nicht, ob er weiß, wovon er da spricht."
Dass es in letzter Sekunde also doch noch zu einer Einigung kommt, ist also weiter unwahrscheinlich. Rund 450.000 SVA-Versicherte müssen sich wohl also darauf einstellen, Arztbesuche ab 1. Juni bar zu bezahlen.