Funkfrequenzen sollen versteigert werden
Digitale Dividende
Heutzutage sind große Theaterveranstaltungen ohne Funkmikrofone und drahtlose Technik nicht mehr denkbar. Die dafür geeigneten Frequenzen sind aber ein knappes Gut. Nachdem das Fernsehen auf digitale Übertragung umgestiegen ist, sind Frequenzen frei geworden, die als "Digitale Dividende" bezeichnet werden.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 31.05.2010
Dieser Frequenzbereich, der bisher auch im Theater- und Veranstaltungsbereich genutzt wurde, soll nun laut Plan der Regierung an Mobilfunkbetreiber versteigert werden. Veranstaltungen wie Mörbisch oder die Salzburger Festspiele müssten in der Folge mit massiven Störungen im technischen Bereich rechnen. Prominente Vertreter der Theaterbranche steigen nun gegen die Pläne der Regierung auf die Barrikaden.
Umstrittener Frequenzbereich 790 bis 862 MHz
Die hochkarätige Besetzung bei der Pressekonferenz am 31. Mai 2010 im Wiener Ronacher-Theater deutet auf die Brisanz des Themas hin: Die Präsidenten der Salzburger und der Bregenzer Festspiele, Helga Rabl-Stadler und Günter Rhomberg, waren ebenso vertreten wie Harald Serafin, Intendant der Seefestspiele Mörbisch.
Sie alle fürchten um die reibungslose Abwicklung ihrer Veranstaltungen, wenn der umstrittene Frequenzbereich von 790 bis 862 MHz, auch "Digitale Dividende" genannt, künftig von Mobilfunkbetreibern besetzt wird. Für Helga Rabl-Stadler wird der Kultursektor bei der Vergabe der Frequenzen nicht als gleichwertiger Verhandlungspartner ernstgenommen.
An Mobilfunkbetreiber versteigern?
Auslöser des Streits war der Umstieg des terrestrischen Fernsehens auf digitale Übertragung. Da mit den neuen Möglichkeiten nun vier Programme gleichzeitig auf einem einzigen Fernsehkanal übertragen werden können, wird ein Frequenzbereich frei - eben die "Digitale Dividende". Diese beanspruchen nun mehrere für sich: Rundfunk- und Mobilfunkbetreiber, aber eben auch die Theater- und Veranstaltungsbranche.
Die Regierung will die Frequenzen an Mobilfunkbetreiber versteigern und begründet, das wäre ein einträgliches Geschäft: In Deutschland habe die Versteigerung der frei gewordenen Frequenzen 3,2 Milliarden Euro gebracht, sagt Günther Konecny von der Österreichischen Theatertechnischen Gesellschaft. Wird der Plan durchgezogen, müssen alle bisherigen Nutzer in untere Frequenzbereiche ausweichen - enorme technische Probleme wären die Folge, sagt Konecny.
Nicht nur Großevents benützen Funktechnik
Auch die sogenannten In-Ear-Vorrichtungen, also Ohrenstöpsel, die die alten Monitorlautsprecher ablösen und den Künstlern mehr Mobilität ermöglichen, seien von den Störungen betroffen. Die Funktechnik sei aus Großveranstaltungen also nicht mehr wegzudenken, sagt Konecny.
Für den Fall, dass sie in untere Frequenzbereiche ausweichen müssen, fordern die Vertreter aus dem Kultursektor nun, dass ihnen zumindest ein Bereich von 100 Megahertz sicher zur Verfügung steht. Darüber hinaus wollen sie für die notwendige Anschaffung neuer Geräte finanziell entschädigt werden. Rundfunkveranstalter wie der ORF und die Kulturbranche würden bei dieser Sache an einem Strang ziehen, sagt Konecny.
Auch Veranstaltungen in den Mehrzweckhallen der Städte, in den meisten Kirchen, aber auch die Hörgerätetechnik wäre betroffen, wenn die Digitale Dividende an die Mobilfunkbranche geht.