Neun Tote nach Enterung der Gaza-Hilfsflotte
480 Aktivisten im Gefängnis
24 Stunden nach dem israelischen Militäreinsatz gegen die sogenannte Freiheitsflotte mit pro-palästinensischen Aktivisten an Bord werden allmählich Einzelheiten bekannt. Mindestens neun Menschen sind ums Leben gekommen, als israelische Soldaten eines der Schiffe enterten. Israel bemüht sich mittlerweile die weltweiten Wogen der Entrüstung zu glätten.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 01.06.2010
Aus Israel
Soldaten eskortieren Aktivisten
In den gestrigen Abendstunden sind auch die letzten zwei der sechs Schiffe der so genannten „Freiheitsflotte“ in den Hafen von Aschdod in Südisrael eingelaufen. Die rund 700 pro-palästinensischen Aktivisten wurden von Soldaten an Land geleitet, und in einem großen Zelt im Hafenareal begann eine Registrierungsprozedur.
Zwei Drittel in Arrest
Jene, die einen Ausweis vorzeigen und bereit sind, freiwillig das Land zu verlassen, werden so rasch wie möglich in ein Flugzeug gesetzt. Rund zwei Drittel wollen aber nicht mit den israelischen Behörden kooperieren – sie werden in einem Arrestgefängnis in der Nähe der Stadt Beer-Schewa ein Abschiebungsverfahren abwarten müssen.
Barak: „Verantwortung trägt Flotte“
In israelischen Krankenhäusern liegen zudem 45 Schiffspassagiere, die bei dem Sturm verletzt wurden. Nach einer endgültigen israelischen Zählung waren neun Aktivisten getötet worden, auf israelischer Seite wurden sieben Soldaten verletzt. Israel versuchte weiterhin, den Imageschaden zu begrenzen: „Wir bedauern die Opfer“, sagt Verteidigungsminister Ehud Barak, „aber die Verantwortung dafür tragen die Organisatoren der Flotte und jene, die mit der Gewalt begonnen haben.“
Angriff in internationalen Gewässern
Die Israelis haben gegen Abend Videobilder veröffentlicht, die zeigen, wie einzelne Soldaten von Aktivisten mit Stöcken attackiert wurden. Mindestens ein Soldat wurde von einem oberen Deck auf ein unteres Deck geworfen. Erst nach diesen Attacken, so die Israelis, sei Befehl gegeben worden, auch Schusswaffen einzusetzen. Die Empörung des palästinensischen Abgeordneten Mustafa Barguti besänftigt das natürlich nicht: „Wer gibt Israel das Recht zivile Schiffe unter griechischer oder türkischer Flagge anzugreifen, in internationalen Gewässern?“ fragt Barguti.
Staatstrauer im Palästinensergebiet
Im Palästinensergebiet wurde eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen, in den arabischen Gemeinden in Nordisrael soll heute aus Protest ein Handelsstreik eingehalten werden. Schon gestern kam es hier zu kleinen Unruhen, heute wird man gespannt beobachten, ob sich gefährliche Zusammenstöße hochschaukeln.
Netanjahu fliegt nach Hause
Israels Premier Benjamin Netanjahu hält die Lage jedenfalls für so ernst, dass er auf seinen heutigen Termin bei US-Präsident Barack Obama verzichtet hat. Netanjahu bricht seine Nordamerikareise schon in Kanada ab und eilt nach Hause, um die Krise zu managen.
Entrüstung weltweit
Weltweit herrscht Entrüstung über das gewaltsame Vorgehen Israels gegen die Hilfsflotte. US-Präsident Obama verlangte von Israel lückenlose Aufklärung. Der britische Premierminister David Cameron bezeichnete die israelische Vorgangsweise als "unannehmbar". Auch der UNO-Sicherheitsrat schaltete sich ein.
Morgenjournal, 01.06.2010
Aus den USA
UNO-Sicherheitsrat verurteilt Gewalt
Der UNO-Sicherheitsrat hat Gewalttätigkeiten im Zusammenhang mit der israelischen Militäraktion gegen eine Flotille mit Hilfsgütern für den Gazastreifen verurteilt. Das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen erklärte nach zehnstündigen Beratungen am Dienstag in New York, es verurteile die Handlungen, die zum Tod von Zivilisten geführt hätten. Zugleich forderte der Rat die sofortige Freigabe der von Israel aufgebrachten Schiffe und die Freilassung festgenommener Zivilpersonen. Außerdem verlangte der UNO-Sicherheitsrat eine sofortige, unparteiische, glaubwürdige und transparente Untersuchung des Zwischenfalls.
Nachrichten 10.00
UNO-Sicherheitsrat, New York,
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