Streichungsliste von Union und FDP
D: Sparkurs vor allem bei Sozialleistungen
Seit Sonntagnachmittag berät die deutsche Regierung über Sparmaßnahmen gegen die Rekord-Neuverschuldung. Klar ist bisher nur, dass die Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel künftig weniger Geld ausgeben will. Ganz oben auf der Streichliste von Union und FDP findet sich der größte Brocken im Etat – die Sozialleistungen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 07.06.2010
Sparziel: 10 Mrd. pro Jahr
Bis weit nach Mitternacht haben die Regierungsmitglieder zusammen beraten. Bis zuletzt hat Kanzlerin Angela Merkel Einzelgespräche mit den Ministern geführt, nun sitzt die Kabinettsriege wieder an dem langen Tisch im sechsten Stock des Betonbaus des Kanzleramts. Viel ist bisher nicht aus dem Kanzleramt gedrungen. Nach der ersten Gesprächsrunde sagte ein Regierungssprecher lediglich, Union und FDP hätten sich auf wesentliche Punkte des Pakets geeinigt. Bis 2016 will die schwarz–gelbe Koalition pro Jahr zehn Milliarden Euro weniger ausgeben – so verlangt es die so genannte Schuldenbremse, die im Grundgesetz verankert ist.
Sozialstaat auf dem Prüfstand
Zum Auftakt der Klausur hat Kanzlerin Angela Merkel von einer wichtigen Weichenstellung gesprochen. Und sie hat klar gemacht, dass sie mit dem Rotstift nicht vor Sozialleistungen halten machen wird. Aus Sicht der Liberalen geht es darum, den Spardruck zu erhöhen, um das strukturelle Defizit zu minimieren. Die Kernpunkte der Freidemokraten fasst Generalsekretär Christian Lindner zusammen: "Wir wollen die Verwaltung verschlanken, wir werden bei Subventionen kürzen, die Finanzbranche wird wesentlich stärker herangezogen als bisher." Natürlich müsse aber auch der Sozialstaat einer kritischen Prüfung unterzogen werden, denn oft seien die Leistungen unbefriedigend.
Elterngeld, Bundeswehr, Pendlerpauschale
Im Visier der Koalition sind Programme für Arbeitslose und das so genannte Elterngeld, das erst seit drei Jahren – je nach Einkommen – bezahlt wird. Es wird an Mütter beziehungsweise Väter überwiesen, die länger bei ihren Kindern bleiben wollen. Gespart werden soll auch bei der Zahl der Beamten. Geprüft werde ein Abbau von bis zu 15.000 Stellen in der Verwaltung. Diskutiert wird offenbar noch über Einsparungen bei der Bundeswehr. Dem Vernehmen nach ebenso auf der Liste: die Pendlerpauschale, die steuerbegünstigten Nacht- und Schichtzulagen, der Sparerfreibetrag und der Bau des Berliner Stadtschlosses.
Kritik von Gewerkschaften
Nicht sparen will die Koalition bei Bildung und Forschung. Keine Belastungen dürfte es bei der Einkommens- und Mehrwertsteuer geben. Schon gegen zarte Andeutungen wehrt sich die FDP vehement. Manche aus der zweiten und dritten Reihe verknüpfen das "Nein" zu mehr Steuern mit der Warnung vor einem Bruch der Koalition. Ankündigungen, Gerüchte und mögliche Kürzungsszenarien reichen Opposition und Gewerkschaften um ihre Kritik an der Koalition zu deponieren. Die sozial Schwachen seien die Leidtragenden einer verfehlten Haushaltspolitik heißt es von Seiten der SPD.
"Superreiche" zur Kasse bitten
SPD-Gewerkschaftschef Michael Sommer präsentiert sich mit Gegenvorschlägen: Bevor man in den Sozialetat gehe, solle man prüfen, wo man bei den Reichen und Superreichen Deutschlands sparen könnte, sagt Sommer. "Eine Erbschaftssteuer würde sechs Milliarden bringen. Wir müssten über eine Vermögenssteuer oder Vermögensabgabe nachdenken. Wenn wir eine Finanztransaktionssteuer einführen würden, also diejenigen, die diese Krise verursacht haben zur Kasse bitten, dann würden wir 12 Milliarden haben." Dann brauche die Regierung nicht "unten" sparen, sondern würde "oben" genug Geld einnehmen.
Merkel präsentiert Sparpläne
Sollte die Regierung eine unsoziale Sparpolitik betreiben, dann werde die Gewerkschaft dementsprechend reagieren. Am frühen Montagnachmittag will die Bundeskanzlerin die milliardenschweren Sparpläne der Regierung präsentieren. Beschließen muss sie dann das Parlament. Änderungen, sagen Fraktionsmitglieder von Union und FDP, seien nicht ausgeschlossen.