"Ich kam gerne, ich gehe gerne"

Holenders letzte Pressekonferenz

Am Mittwoch, 16. Juni 2010 gab Ioan Holender seine letzte Pressekonferenz als amitierender Direktor des Hauses. Er zog Bilanz und die fiel - wie könnte es anders sein - natürlich zu seinen Gunsten aus.

Kulturjournal, 16.06.2010

Am 21. Juni 1988, also vor 22 Jahren, wurden Eberhard Wächter und Ioan Holender als neues Führungsteam der Wiener Staatsoper präsentiert. Was danach geschah ist Legende: Eberhard Wächter verstarb plötzlich und Ioan Holender leitete allein 19 Jahre die Geschicke des Hauses.

"Ich habe mich in diesen 19 Jahren wirklich um alles in diesem Hause gekümmert", so Holender. "Ich habe aber auch die Verantwortung für alles hier getragen. Ich ließ mich auch prügeln für alles, was hier nicht gefallen hat und ich lass mich auch loben, für alles, was hier gefallen hat. Das ist eine Dramaturgie, Ideologie, nennen sie es, wie sie wollen, das ist weitgehend im Haus präsent, dieser Geist. Und ich finde das gut und richtig."

Positive Bilanz

Ein Direktor, dessen Meinungsäußerungen oft umstritten waren, zieht Bilanz und die fällt - wie könnte es anders sein - natürlich zu seinen Gunsten aus.

Wie all die Jahre zuvor geht es in erster Linie um Zahlen: 5.473 Vorstellungen hatte er im Haus am Ring zu verantworten gehabt, die über elf Millionen Menschen besucht haben. Bei gleichbleibenden Subventionen ist es gelungen, Reserven zu lukrieren, die allerdings in den letzten Jahren herhalten mussten. Trotzdem hinterlässt er der nachfolgenden Direktion 11,778 Millionen Euro.

Eigenproduktionen weiterverkauft

Gegen die Globalisierung von Koproduktionen ist er gewesen - wenn es derer auch einige gegeben hat, die vor der Wiener Staatsoper schon äußerst erfolgreich woanders gelaufen sind, und auch dem Haus am Ring Jubel eingebracht haben, was ja bei den von Holender ausgewählten Regisseuren nicht immer der Fall gewesen ist.

Trotzdem hat die Wiener Staatsoper in diesen Jahren rund 5,5 Millionen Euro an weiterverkauften Eigenproduktionen verdient. Fast eine dreiviertel Million Staatsopern-Ton- und Bildtonträger sind in diesem Zeitraum verkauft worden.

Finanziell steht die Oper also gut da, über alles andere muss der Einzelne sich ein Urteil bilden.

Holender geht "mit gutem Gewissen"

"Ich bin sehr froh und dem Schicksal sehr dankbar, dass es mir gegen Ende meines Lebens, also jedenfalls im bedeutenden zweiten Teil meines Lebens, diese Möglichkeit gegeben hat, mit 53 Jahren - da geht mancher in Österreich ja schon in Frühpension - wurde ich in dieses Haus berufen. Dass ich hier noch 22 Jahre verweile, hätte ich mir wirklich nie gedacht. Es war nie ein Vorhaben von mir, Operndirektor zu werden. Ich kam gerne, ich gehe gerne. Und ich gehe mit einem guten Gewissen. Und ich glaube wirklich, dass ich das Haus entsprechend seiner Wichtigkeit in einem Zustand verlasse, wo ich mir keine Vorwürfe machen muss, dafür, was ich hier in diesen Jahren getan habe", zieht Holender Bilanz.

Was bleibt, sind auf alle Fälle das Staatsopernmuseum, die Eberhard-Wächter-Probebühne und die zahlreichen Kinderopern, die hier uraufgeführt wurden.

Musikalische Rückschau mit Opernstars

Bis Ende der Saison lässt sich Ion Holender ausgiebig verabschieden. Nachdem er sich kommenden Sonntag den Fragen zweier Journalisten - Armin Wolf und Bogdan Roscic stellt, gibt es an der Wiener Staatsoper die musikalische Rückschau der Direktion Holender zu hören, zu der unter anderen Siegried Jerusalem, Barbara Frittoli, Thomas Quasthoff, Antonio Pappano, Zubin Mehta und Placido Domingo anreisen werden.

Es soll eine Rückschau sein, keine Starschau, meint der Direktor: "Ich bin sehr froh über diese Zusammenstellung. Es beginnt um halb sieben und es endet, wenn Schluss ist. Es wird ein langer Abend sein, aber mein Gott, wenn man die lange Direktion ausgehalten hat, wird man auch den langen Abend noch aushalten."

Saisonabschluss mit "Parsifal"

Mit "Parsifal" hat's begonnen und mit "Parsifal" endet die Direktionszeit Ioan Holenders. Unter der Leitung von Franz Welser-Möst singen Stephen Gould, Thomas Hampson, Matti Salminen und Waltraud Meier. Für die die letzten Takte ("Nur eine Waffe taugt") wird Placido Domingo, quasi der Parsifal der ersten Stunde, eingeflogen.

Und wer die Erinnerungen des scheidenden Staatsoperndirektors nachlesen will, kann das in seinem jüngsten Buch tun: "Ich bin noch nicht fertig".