Schau in die "Krone"!

Der Sprachlosigkeitsverstärker

Die Patriarchen sterben aus. Mit Hans Dichand ist der letzte Österreicher verstorben, von dem man glaubte, er sei der wahre Regent dieses Landes, und dem es egal sei, wer unter ihm Bundespräsident oder Kanzler ist. Aber vielleicht war Hans Dichand gar nicht so mächtig.

Der Tag wird kommen, an dem meinem Sohn eine "Kronen Zeitung" in die Hände fällt, aber, das wage ich zu behaupten, es wird nicht die "Kronen Zeitung" sein, wie wir sie kennen. Es wird eine Zeitung unter mehreren sein, ein bisschen dümmlich, ein bisschen überheblich, ein bisschen angestaubt und weitgehend uninteressant. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum der Printjournalismus längerfristig überleben soll. Meinen Sohn jedenfalls, Jahrgang 2008, wird die Zeitung anmuten wie uns heute eine Lochkarte für den IBM-Großrechner.

Das ist sicher kein Schaden, aber, um dem Kleinformat mit dem übelsten Layout nach der englischen "Sun" hier und jetzt, da mein Sohn Zeitungen ausnahmslos zerreißt und anspeichelt, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, möchte ich feststellen: Man ist mit ihm nicht schlechter bedient als mit der so genannten Qualitätspresse, die ja nur eine selbstbehauptete Qualitätspresse ist. Absurderweise stellen sich immer nur die Chefredakteure an die Rampe und brüllen in den weitgehend leeren Saal, dass sie schließlich Chefredakteure von Qualitätsmedien sind. Jeder einzelne, vom "Standard" bis zum "Mattersburger Bezirksblatt". Das ist so glaubwürdig wie das Sexualleben von Silvio Berlusconi.

Wie auch immer - zurück zu Hans Dichand: Man soll Toten nicht ins Grab spucken, aber eine hässliche und schlechte Zeitung zu machen ist keine große Leistung. Den Rahm der heimischen Unbildung abzuschöpfen und damit Redaktionsstuben zu füllen, macht einen Zeitungsgründer noch lange nicht zu einem Mediengenie. Die tatsächliche Leistung haben vielmehr jene vollbracht, die in ihrer Anbiederung an die vermeintliche Unbildung der Masse und damit in ihrem Zynismus die "Kronen Zeitung" und vor allem Hans Dichand im Sinne politischer Manipulation benutzt haben. Die aus Unfähigkeit, Perspektivlosigkeit und Ignoranz statt Politik zu machen sich beim Lügen lächelnd fotografieren lassen und behaupten, das sei Politik, so laufe eben heutzutage der Hase.

Der "Kronen Zeitung" fehlendes Demokratieverständnis vorzuwerfen ist sinnlos. Jedes Medium kann die Wirklichkeit so darstellen, wie es ihm passt. Politische Bildung ist nicht seine Aufgabe. Sein Weltbild und seine Moralauffassung dürfen auch fragwürdig sein. Medien sind schließlich nicht die gesetzgebende Kraft. Die Totengräber der Demokratie sind ausschließlich jene demokratisch gewählten Entscheidungsträger eines zumindest per Verfassung demokratischen Staates, die sich mit der demokratiepolitischen und moralischen Fragwürdigkeit eines Mediums in eins setzen.

Hans Dichands legendärer Satz, "Ich streichle lieber meinen Hund, als Macht auszuüben", war keine Untertreibung. Die oft zitierte Macht des Hans Dichand war, denke ich, wirklich nicht gewollt. Der Geruch der Macht klebte als Auswurf einer politischen Klasse auf ihm, die stets eine schlechte und unansehnliche Zeitung - die zumindest nie behauptet hat, eine Qualitätszeitung zu sein - als Sprachlosigkeitsverstärker jeder guten Idee vorzog.

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