Autor, Architekt, Bürgermeister

Bogdan Bogdanovic gestorben

Der serbische Architekt, Bildhauer und Autor Bogdan Bogdanovic ist am Freitag 87-jährig in einem Wiener Spital gestorben. Das gab der Zsolnay Verlag, wo 2007 sein letztes Buch "Die grüne Schachtel" herausgekommen war, am Abend gegenüber der APA bekannt.

Bogdanovic, der von 1982 bis 1986 Bürgermeister Belgrads war und seit 1993 in Wien lebte, hatte am Donnerstag einen Herzinfarkt erlitten.

Im Vorjahr hatte das Architekturzentrum Wien, das sein umfassendes Archiv übernommen hatte, das Werk des "Architekturphilosophen" in einer umfangreichen Schau mit dem Titel "Der verdammte Baumeister" vorgestellt.

Pointierter Milosevic-Gegner

Bogdanovic wurde am 20. August 1922 in Belgrad geboren. Nach dem Architektur-Studium und mehreren Bauaufträgen wurde er 1973 Professor an der Belgrader Universität. In Mali Popovic gründete er außerdem eine "Dorfschule für die Philosophie der Architektur". Von 1982 bis 1986 war Bogdanovic Bürgermeister von Belgrad, 1987 begann sein "Rückzug in die Dissidenz".

In einem 60-seitigen Brief warf er Slobodan Milosevic und seiner Partei "großserbische Kriegshetze" vor und gründete die demokratische Oppositionsgruppe "Belgrader Kreis" mit. Wegen politischer und physischer Drohungen - er wurde auch aus seinem Atelier vertrieben, seine Architekturschule geschlossen - verließ er 1993 Belgrad.

1999 gründete er am Rande der Frankfurter Buchmesse die "Gruppe 99" mit, die sich für die Rückkehr zu Menschenrechten und Meinungsfreiheit in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens einsetzte. Im Juni des Vorjahres kehrte er erstmals nach Belgrad zurück. Es erschienen zwei Bücher, im Rahmen einer Ausstellung wurden außerdem seine im Exil entstandenen Zeichnungen und Skizzen gezeigt.

Meister der Denkmäler

Als Architekt wurde Bogdanovic, der unter anderem mit dem Piranesi-Preis ausgezeichnet wurde, international vor allem mit seinen Denkmälern bekannt, die von den herrschenden sozialistischen Kunsttheorien abwichen. Als sein wichtigstes Werk gilt die stilisierte "Blume aus Beton" für die Opfer des ehemaligen Konzentrationslagers Jasenovac.

Weiters baute er die Gedenkstätte für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus auf dem "sephardischen Friedhof" in Belgrad, die Partisanennekropole in Mostar sowie das Mausoleum in Vukovar, das inzwischen von den Serben zerstört wurde.

Der Schriftsteller

In seinen kulturkritischen Essays rechnet Bogdanovic mit dem Stalinismus in seinen verschiedenen Erscheinungsformen ab, in seinen städtebaulichen Texten spürt er poetologisch der Stadt als Metapher und Abbild des Menschen nach und "liest" Architektur auf ihre verborgenen Botschaften hin, als Ausgangspunkt für ästhetisch-theoretische, historische und philosophische Reflexionen.

Auf Deutsch sind die Essaybände "Die Stadt und der Tod" (1993), "Architektur der Erinnerung" (1994) und "Die Stadt und die Zukunft" (1997) erschienen. Zuletzt kam im März "Vom Glück in den Städten" heraus. Außerdem veröffentlichte Bogdanovic unter dem Titel "Der verdammte Baumeister" (1997) seine Erinnerungen. Ins Deutsche übersetzt hat diese sein Freund, der Schriftsteller Milo Dor, der ihm in seinem Roman "Die weiße Stadt" in der Figur des "Bogdan" auch ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Zuletzt erschienen ist sein Roman "Die grüne Schachtel".

Service

Anlässlich des Todes von Bogdan Bogdanovic ändert Ö1 sein Programm:

Diagonal - Radio für Zeitgenossen
Samstag 26. Juni 2010: 17.05 - 19.00 Uhr, Ö1
Zur Person: Bogdan Bogdanovic - Der Surrealist als Baumeister

Architekturzentrum Wien - Der verdammte Baumeister
Hanser Verlage - Bogdan Bogdanovic