"Kriegsbeil begraben"
Schweiz auf den Spuren der Habsburger
Die stolzen und unabhängigen Schweizer standen lange Jahrhunderte mit den Habsburgern auf Kriegsfuß. Nun erinnern sich die Schweizer langsam an die Wurzeln des Königsgeschlechts in ihrem Land und wollen sie auch vermarkten. Im Kanton Aargau, den Stammlanden der Habsburger, können Touristen auf den Spuren der Königsdynastie wandeln.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.06.2010
"Wir hatten sie nicht gerne"
Manch ein Beobachter mag sich da die Augen reiben: unter feierlichen Bläserklängen wird auf der Habsburg im Kanton Aargau die Flagge der europäischen Königsdynastie gehisst. Hier war einst der Stammsitz des Herrschergeschlechts, das auszog, um ein riesiges Reich zu schaffen. Heute ist die Habsburg längst keine Trutzburg mehr und die Schweizer haben mit den adligen Ahnen wenig am Hut, wie diese Ausflüglerin gesteht: "Sie waren ja eigentlich unsere Unterdrücker! Da wir ein freiheitliches Volk sind, hatten wir sie gar nicht so gerne!"
Gefallen an der Monarchie
Trotzdem, nun wird die Geschichte der Habsburger touristisch wiederbelebt. Unter fachkundiger Anleitung werden Interessierte an die Wirkungsstätten des Adelsgeschlechts geführt. Szenische Führungen und die Verkostung von original Habsburger Tafelspeisen inklusive. Fast könnte man glauben, die urdemokratischen Schweizer hätten plötzlich Gefallen an der Monarchie gefunden.
"Teil unserer Identität"
Der Staatsschreiber des Kantons Aargau, Peter Grünenfelder erklärt diesen Gesinnungswandel: "Wir sind überzeugte Demokraten und überzeugte Republikaner. Aber wenn man so eine Geschichte hat, kann man auch stolz darauf sein! Es ist eine kulturhistorische Note und ein Teil unserer Identität." Dabei war das helvetische Selbstbild jahrhundertelang vom Feindbild der Habsburger geprägt, die von den tapferen Eidgenossen besiegt und vertrieben wurden.
Differenziertes Geschichtsbild
In letzter Zeit aber gerät dieser Mythos ins Wanken, sagt Urs Pilgrim von der Kulturstiftung St. Martin im Aargau. "Die Wahrnehmung hat sich in den letzten Jahren, auch dank wissenschaftlicher Forschung in der Schweiz, geändert. Wir haben nun ein sehr differenziertes Geschichtsbild von den Habsburgern. Wir sehen auch, was sie Gutes getan haben. Wir sehen sie nicht nur als die militärischen Feinde von einst, sondern auch als Klostergründer und Städtegründer."
Maria Theresia: "Typisch schweizerisch"
Tatsächlich sind die Spuren der Habsburger im Kanton Aargau bis heute präsent. So ruhen in der berühmten Klosterkirche in Muri die Herzen des letzten österreichischen Kaiserpaares, Karl und Zita. Und im Rathaus im Städtchen Rheinfelden wird noch immer unter einem Bild von Maria Theresia geheiratet. Die Rheinfelder sind stolz auf das kaiserliche Erbe: "Man hat Maria Theresia geschätzt, weil sie typisch schweizerisch die Steuern gesenkt hat."
Gut möglich, dass die Schweizer ihre Habsburger Wurzeln deshalb so entspannt feiern, weil sie sie letztendlich aus dem Land gejagt haben.