Fixierung auf US-Dollar aufgehoben

China hält Währung niedrig

Rechtzeitig vor dem G-20-Gipfel in Toronto hat China versucht, Luft aus einem Dauerstreitthema zu nehmen: dem Wechselkurs der eigenen Währung, des Renminbi. Die chinesische Zentralbank hat die Fixierung an den US-Dollar aufgehoben. Allerdings darf der Kurs täglich nur um einen halben Prozentpunkt zum US-Dollar schwanken.

Mittagsjournal, 24.06.2010

China beruhigt

Die chinesischen Stellungnahmen seit dem vergangenen Wochenende wollen vor allem eines in den Vordergrund stellen: Den Renminbi (RMB) vom US-Dollar zu entkoppeln, sei eine rein nationale Entscheidung gewesen und habe mit Druck von außen nichts zu tun. Dabei haben sich dem Hauptkritiker USA zuletzt auch namhafte Vertreter der Schwellenländer angeschlossen. Brasilien und auch Indien. Zweifelsohne wollte China sie alle vor dem G20-Gipfel beruhigen.

Währung unterbewertet

Der große Wurf ist es nicht geworden. Mit der Verlautbarung vom Wochenende kehrt China nur zum Status quo vor der Finanzkrise zurück. 2008 wurde das Verhältnis des RMB zum Dollar fixiert. Jetzt erlaubt man wieder, wie schon zuvor, geringe Schwankungen täglich. Seit 2005 ist die chinesische Währung so gegenüber dem US-Dollar schrittweise um insgesamt 20 Prozent stärker geworden. Nicht genug, sagen manche Experten, die meinen, dass die chinesische Währung immer noch um 25, 40 oder gar 60 Prozent unterbewertet ist.

Exporte legen zu

In den USA startet ein demokratischer Senator gerade einen neuen Anlauf, China als Währungsmanipulator zu verurteilen und will, dass die USA Strafzölle auf chinesische Waren einheben. Denn der niedrige Renminbi sei eigentlich eine unerlaubte Subvention. Der Neuaufguss der alten Debatte kommt rechtzeitig zum Wiederaufleben der chinesischen Exporte. Sie haben im Mai kräftig zugelegt. Da der Westen weiter kränkelt, ist allerdings anzunehmen, dass diese Exportsteigerung auch auf neue Märkte zurückzuführen ist.

Verantwortung für Weltfinanzsystem

Dennoch: Wie schwach oder stark die chinesische Währung ist, kann keine rein chinesische Frage mehr sein, meint auch Jim O’Neil, ein Experte von Goldman Sachs: "Bis 2020 wird China doppelt so stark sein wie heute. Es wird dann etwa 15 Prozent der Weltwirtschaft ausmachen. Das heißt, China wird viel Verantwortung für das Weltfinanzsystem tragen. Und das heißt, dass Chinas Währung nicht nur China selbst verpflichtet ist."

Inflationsbekämpfung

Dennoch zeigt sich in der letzten Aufwertung mehr Verantwortung nach innen, als nach außen. Rohstoffe, die China dringend benötigt, werden international in US-Dollar gehandelt. Ein stärkerer Renminbi macht sie für China billiger. Das wiederum hilft bei der Inflationsbekämpfung. Eine Verringerung des enormen Handelsbilanzüberschusses ist auch Chinas Ziel. 2007, als der Höhepunkt erreicht wurde, machte der Überschuss elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Im vergangenen Jahr deutlich weniger, nämlich rund sechs Prozent.

Teil der Strukturreform

Dass der Handelsbilanzüberschuss ohnehin abnimmt, ist für China eines der Hauptargumente, den Renminbi nicht massiv aufzuwerten. Außerdem ist der größte Abnehmer chinesischer Waren die EU. Und der Eurokurs ist in China wegen der Eurokrise zuletzt ohnehin geradezu verfallen. Die Rücknahme der Dollar-Fixierung ist daher wohl weniger der Weg zu einer stärkeren Währung an sich als Teil einer laufenden Strukturreform.

Chance für Wettbewerbsfähigkeit

Der Sprecher des chinesischen Handelsministeriums, Yao Jian sieht den Schritt sogar als Chance für mehr Wettbewerbsfähigkeit: "Ich glaube, wir müssen ein gutes Wirtschaftsumfeld für unsere Unternehmen schaffen. Langfristig müssen die Exporteure besser wirtschaften und neue Industrien entdecken um international wettbewerbsfähiger zu werden. China wird seine Wettbewerbsfähigkeit nicht nur bei Exporten, sondern auch in der verarbeitenden Industrie ständig weiter erhöhen."

Polster geschaffen

Es geht also um mehr als nur das Verhältnis zu den USA. Mit dieser kleinen Aufwertung hat man die USA auf den ersten Blick zwar politisch beruhigt, auf den zweiten Blick geht es aber um etwas anderes. Die chinesische Zentralbank ermöglicht dem Renminbi einen Polster, um schnell wieder abwerten zu können, falls die Erholung der Weltwirtschaft doch nicht so nachhaltig ist wie es jetzt scheint. Denn noch eines wiederholen Chinesen gerne: dass die Gefahr eines Rückfalls in die Rezession keineswegs gebannt ist.