Birgit Minichmayr und Nicholas Ofczarek

Salzburger Zentralgestirn

Der neue Jedermann Nicholas Ofczarek und die neue Buhlschaft Birgit Minichmayr sprachen in Salzburg über ihre Rollen und ihren ganz besonderen Zugang zum Hofmannsthal'schen Traditionsstück, das am 25. Juli 2010 Premiere feiern wird.

Kulturjournal, 25.06.2010

Ein neuer Jedermann, eine neue Buhlschaft, der Dauerbrenner der Salzburger Festspiele wird in diesem Sommer in den wesentlichen Rollen neu besetzt: Nicholas Ofczarek spielt die Titelpartie, Birgit Minichmayr die Buhlschaft. Das sei der "Blick der nächsten Generation" auf das Hofmannsthal'sche Stück, meint die Schauspielleitung der Festspiele. Wie sehen die beiden Schauspieler das Spiel vom reichen Mann?

Zentralgestirn

Für die Fotografen und Fernsehteams ist es eine der wichtigsten Veranstaltungen der Salzburger Festspiele. Die Schauspieldirektion schwärmt von der Vorstellung des Zentralgestirns der neuen Sicht auf ein traditionelles Stück.

Nicholas Ofczarek wird der 15. Jedermann sein, Birgit Minichmayr die 30. Buhlschaft in der 90-jährigen "Jedermann"-Geschichte. Mit dem Wort neu können die beiden nicht viel anfangen. Auf offensichtlich Neues wollen sie sich nicht festlegen lassen: "Für mich kann es nicht darum gehen, neu zu sein, damit es neu ist. Vielleicht werde ich die altmodischste Buhlschaft, die es je gab. Das kann auch sein. Bei der Premiere wird sich's weisen."

"Ich muss es nicht um jeden Preis anders machen", meint auch Ofczarek. "Ich entdecke wahnsinnig viele Wahrheiten, ich entdecke eine wahnsinnige Intelligenz des Hofmannsthals in dem Stück."

Bewusster Umgang mit Sprache

Es ist hingegen die Sprache von Hugo von Hofmannsthal, die Nicholas Ofczarek schätzt: "Ich bin ein großer Verfechter von Sprache. Ich finde sie befördert etwas, sie ist das Gefäß für Emotionen, für Inhalt. Man muss sie benutzen, man muss sie nutzen, ausnutzen. Der Platz erfordert das sowieso. Ich kann mich da nicht filmisch nuschelnd hinstellen. Wenn Sprache auf einem gewissen Kothurn steht, dann denkt man auch über den Inhalt anders nach. Man denkt über das, was verhandelt wird, nach. Und in diesem Stück wird sehr viel verhandelt."

Während die Partie des Jedermann in Länge und Vielschichtigkeit eine Herausforderung für jeden Schauspieler ist, ist die Buhlschaft eine vergleichsweise kleine Partie, doch Birgit Minichmayr kann es sich leisten, ihre Rollen nicht an der Textmenge zu messen: "Für mich ging es nicht darum, ob ich viel oder wenig Text hab. Das steht in einer großen Tradition, ich war neugierig, wie ich mich mit der Rolle tu. Die emotionale Bedeutung, dass man das spielt, hab ich erst bei meinem Vater ablesen können. Er hat schon vor Jahren gefragt: 'Und, wann kommt die Buhlschaft?' Er war jetzt sehr bewegt. 'Da hat's jetzt meine Tochter irgendwie geschafft.' Was ich genau geschafft hab, weiß ich nicht, aber für ihn hab ich etwas geschafft."

Buhlschaft als Hure?

Und was ist diese Buhlschaft denn nun für eine Frau? Ist etwas dran an dem Vorwurf, sie sei eine Hure, weil sie nicht mit dem Jedermann in den Tod gehen wolle? "Das ist so typisch Mann. Man kann so assoziieren, aber man kann es auch nicht tun und geht trotzdem nicht gegen den Text. Und das ist das Tolle", so Minichmayr.

Die Salzburger Festspiele sind weder für Minichmayr noch für Ofczarek Neuland: Die Linzerin hat hier 2002 als Erna in einer Andrea-Breth-Inszenierung von Schnitzlers "Weitem Land" debütiert, der Wiener hat Grillparzer und Nestroy in Kusej-Inszenierungen gespielt, die außerordentliche Qualität der beiden ist in Film und Theater durch zahlreiche Auszeichnungen bewiesen.

Service

Die Premiere des "Jedermann" ist am 25. Juli 2010 und wird live vom ORF übertragen.

Salzburger Festspiele, 25. Juli bis 30. August 2010

Salzburger Festspiele