Wiener Akademie und John Malkovich

Exklusives Festival in Ravello

Im süditalienischen Ravello findet seit über einem halben Jahrhundert ein exklusives Festival statt. Heuer nicht ohne Probleme: Ein Opernhaus wurde zwar gebaut, blieb aber bisher geschlossen. Eröffnet wurde das Ravello Festival von der Wiener Akademie und John Malkovich.

Kultur aktuell, 02.07.2010

Salzburg des Südens

Seit über fünfzig Jahren findet im süditalienischen Ravello jährlich ein exklusives Festival statt. Immerhin liebäugeln die Veranstalter mit der Bezeichnung "Salzburg des Südens". Und weil man zwar jede Menge architektonische Schönheiten, aber kein eigenes großes Haus hatte, wollte man dem Abhilfe schaffen.

Mit Erfolg: Das Opernhaus steht. Aber das zeitgenössische Architekturjuwel bleibt geschlossen. Ravellos Lokalpolitiker werden sich nicht einig über Zuständigkeiten. Und so geht das Festival, das am Donnerstag mit einem Werk von Michael Sturminger mit John Malkovich und der Wiener Akademie eröffnet wurde, ohne Opernhaus in die Saison. Und Italien hat einen Kulturstreit.

Realsatire um Auditorium

"Ein bisschen Wahnsinn braucht man, um das hier zu machen. Im konkreten Fall ist es aber ein positiver Irrsinn", sagt Stefano Valanzuolo, künstlerischer Leiter in Ravello. Er schmunzelt bei der Frage nach dem heurigen Motto. Denn der Festivaltitel "Der Wahnsinn" sollte sich ja eigentlich nur auf die Thematik beziehen - wäre da nicht auch die Realsatire rund um das Oscar-Niemeyer-Auditorium.

Im Winter eröffnet, gleich wieder geschlossen und Anlass für einen scheinbar unüberwindbaren Streit. Fazit: Der geborene Neapolitaner Valanzuolo - als solcher in Tragikomödien geübt - musste trotz fertigem Opernhaus sein Winterfestival in einen Nachbarort verlegen - und auch jetzt bleit das Haus zu.

Aufführungen gestrichen

"Wir müssen auf etliches verzichten. Wir könnten hier viele Proben abhalten und wir hätten auch eine Absicherung für den Fall, dass das Wetter einmal nicht mitspielt. Aber noch schlimmer: Wir müssen auf etliche Aufführungen verzichten, die gerade für dieses Auditorium konzipiert sind", so Valanzuolo.

Wer sich der traumhaften Steilküste der Costiera Amalfitana per Schiff nähert, sieht es von weitem: Das blütenweiße Opernhaus - hingestreckt wie eine schlafende Schöne - entworfen vom 102 Jahre alten Oskar Niemeyer. Kein einziges Mal war der brasilianische Stararchitekt dafür in Ravello, trotzdem fügt sich der 500-Plätze-Bau - samt märchenhafter Terrasse - perfekt in den Steilhang ein, schwärmt der ausführende Architekt Luca Vitelli: "Die Genialität eines Oscar Niemeyer hat sich gerade darin gezeigt, dass es ist ihm gelungen ist, alle Winkel und Ecken dieses sehr langen, sehr schmalen und sehr schwer zu bebauenden Grundstückes zu erfassen. Das Ergebnis ist ein wunderschönes Gebäude."

Von Niemeyer gratis entworfen

Ähnlich wundersames lässt sich über den Raumklang des Opernhauses, das Oscar Niemeyer übrigens gratis entworfen hat, sagen: "Die Akustik ist perfekt. Wir haben das anhand verschiedener Proben gesehen, die hier gemacht wurden. Da wurde Popmusik gespielt, Jazz und klassische Musik. Ohne, dass irgendetwas zu kritisieren gewesen wäre."

Alles paletti, sollte man meinen, wären da nicht die Absperrgitter rundherum und ein absurder Streit zwischen Lokalpolitikern. Seit Jahren hatten konservative Lokalpolitiker das Projekt torpediert. Seit heuer sind sie an der Macht. Und das Opernhaus trägt die Folgen.

Ravellos Bürgermeister samt Vize hat keine Zeit für uns - dessen Vorgänger, der Hotelier Paolo Vuillermier, meint: "Eine rationale Begründung für all das gibt es nicht. Es handelt sich um verschiedene Blickwinkel zweier Gemeinderäte. Das ist der wahre Kern. Da waren wir, die wir versuchten, in die Zukunft zu schauen. Und da ist der nun amtierende Gemeinderat, dem es einfach nicht gelungen ist, über den Tellerrand hinaus zu sehen."

18 Millionen Euro hat die EU für diesen bis dato nicht erfolgten Blick über den Tellerrand zur Verfügung gestellt. Gelder, die Ravello das ganze Jahr über festivaltauglich machen sollten. Stattdessen hat - so pfeifen die Spatzen von den Dächern – die neue Verwaltung ihre eigenen Pläne. Das letzte Kapitel ist also noch nicht geschrieben.