Regierung auffallend zurückhaltend
Diskussion über Grundsteuer-Erhöhung
Für die Erhöhung der Grundsteuer hat es bisher keine parlamentarische Mehrheit gegeben: Nur die Grünen sprechen sich derzeit dafür aus. FPÖ und BZÖ lehnen sie klar ab. Und die Regierungsparteien sind beim Thema Grundsteuer auffallend zurückhaltend. Laut Wirtschaftsforschern wäre da eine Milliarde Euro zu holen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 05.07.2010
"Nur ein Einzelaspekt"
Den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP ist das Thema Grundsteuer derzeit offensichtlich nicht besonders angenehm. Eine klare Aussage dazu war weder vom einen noch vom anderen Koalitionspartner zu bekommen. Aus dem Büro von Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) heißt es dazu: Man halte nichts von Einzeldebatten-Beiträgen, die Hauptbotschaft des Internationalen Währungsfonds sei gewesen, das Budget ausgabenseitig zu konsolidieren. Mit der Grundsteuer sei nur ein Aspekt herausgegriffen worden, der nicht prioritär sei.
"Kein Thema"
SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder will zum Thema Grundsteuer derzeit keine Stellungnahme abgeben, und aus dem Büro von SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas heißt es, aus SPÖ-Sicht sei eine Grundsteuer-Erhöhung derzeit kein Thema.
"Massensteuer unter Deckmantel"
Deutlichere Aussagen zum Thema bekommt man heute bei der Opposition. Lutz Weinzinger von den Freiheitlichen ist gegen eine Grundsteuer-Erhöhung: Das wäre nichts andere als eine weitere Massensteuer unter einem Deckmantel einzuführen. Denn indirekt würde auch jeder Mieter besteuert, weil die Grundsteuer als Betriebskosten an die Mieter weitergegeben werde.
"Falsches Signal"
BZÖ-Obmann Josef Bucher lehnt eine Erhöhung der Grundsteuer ebenfalls ab: "Wir sind grundsätzlich gegen neue Steuern oder Steuererhöhungen." Statt dessen müssten Reformen in Gang gebracht werden. Die Grundsteuererhöhung wäre außerdem ein falsches Signal an den leistungsbereiten Mittelstand.
Große belasten
Einzig die Grünen sprechen sich derzeit klar für eine Erhöhung der Grundsteuer aus.
Der Grüne Budgetsprecher Werner Kogler sagt, es gehe um den Gerechtigkeitsaspekt. Das Ziel müsse immer sein, dass die großen Vermögen, in dem Fall Immobilien, mehr Beitrag leisten. "Unten" solle es aber einen Freibetrag geben, "sodass die kleinen Häuslbauer weniger bezahlen als jetzt, die großen umso mehr, sodass das einen Mehraufkommen um 500 Millionen bis eine Milliarde Euro bringt - wie vom WIFO vorgeschlagen."
Steuerfrei bis 200.000 Euro
Eine Freigrenze für die Grundsteuer könne man zum Beispiel unter 200.000 Euro ansetzen, sagt Kogler, erst darüber würde die Steuer tatsächlich eingehoben werden. Denkbar sei für die Grünen auch ein progressiver Steuersatz, ähnlich wie bei der Lohnsteuer.
Wirtschaftsforscher empfehlen
Der Internationale Währungsfonds (IWF) empfiehlt Österreich eine höhere Grundsteuer, denn diese Steuer sei lange nicht angehoben worden. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) hat ausgerechnet, dass hier zumindest eine Milliarde Euro fürs Budget zu holen wäre.
"Tatsächliche Werte erfassen"
Margit Schratzenstaller, Budgetexpertin des Wirtschaftsforschungsinstitutes, im Mittagsjournal-Interview mit
Eingefrorene Einheitswerte
Derzeit bringt die Grundsteuer nur 580 Millionen Euro - nur noch 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung Österreichs für das Budget. In den 1970-er Jahren war dieser Wert noch um 50 Prozent höher. Margit Schratzenstaller, Budgetexptertin des Wirtschaftsforschungs-Institutes erklärt diese Erosion der Steuereinnahmen mit den de facto Einfrieren der Einheitswerte seit damals.
Statt Steuer auf Arbeit
Der Vorschlag des WIFO: den tatsächlichen Wert von Grundstücken und Immobilien erfassen, durch ein neues Bewertungssystem, das den Verkehrswert als Grundlage hat. Die so zusätzlich erzielten Einnahmen sollten nur anfangs zum Stopfen von Bugdetlöchern verwendet werden, später aber andere Steuern wie etwa auf den Faktor Arbeit ersetzen.
Einnahmen verdoppelt
Nach einer groben Schätzung und abzüglich der Ausnahmen für Bauern, Eigenheimbesitzer und Mieter könnten sich so Zusatzeinnahmen von einer Milliarde Euro ergeben, rechnet Schratzenstaller. Das wäre rund doppelt so viel wie bisher.
Sinnvolle Ausnahmen
Noch höher wären die Einnahmen, wenn man die angesprochenen Ausnahmen weglässt, so Schratzenstaller. Dann käme man auf zusätzliche Einnahmen von zwei Milliarden Euro. Doch die Bugetexpertin des WIFO hält dies nur für eine rechnerische Größe, denn die Ausnahmen seien sinnvoll, etwa aus sozialen Gründen oder vor dem Hintergrund, dass Wohneigentum auch als Altersvorsorge dient.