Kampf gegen Zweifler
Desertec soll Energiewende bringen
Sonnenstrom aus den Wüsten Nordafrikas und Windenergie von den Küsten Europas soll die Energieversorgung der Zukunft sichern. Das ist die Idee hinter Desertec, dem größten Ökostromprojekt der Welt. Max Schön, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Desertec-Foundation, tritt Zweifel an dem Projekt entgegen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 06.07.2010
Wüstengürtel und Technologiegürtel
Nachhaltige Stromversorgung innerhalb einer Generation, und das nahezu ohne Treibhausgase - das ist das Ziel von Desertec. Erreicht werden soll diese Energiewende durch eine Zusammenarbeit zwischen Afrika und Europa - "dem Wüstengürtel und dem Technologiegürtel der Welt", erklärt Max Schön, zugleich auch Präsident der Deutschen Gesellschaft des Club of Rome.
Dampfturbinen mit Sonnenhitze
Bis 2050 will das internationale Konsortium 400 Milliarden Euro in alternative Energien investieren. Der Großteil soll in solarthermischen Kraftwerken in den Wüsten Nordafrikas produziert werden. Dabei wird das Sonnenlicht über riesige Spiegel gebündelt, damit Spezialöl erhitzt und diese Wärme dann in Wasserdampf für den Antrieb von Turbinen umgewandelt. Die Dampfturbinen erzeugen dann Strom.
Energie für Trinkwasser
Der Wüstenstrom wird aber zum größten Teil in Nordafrika selbst benötigt, betont Max Schön. Denn die Bevölkerung explodiere, die Industrialisierung beginne gerade erst, und es gebe ein gigantisches Wasserproblem. "Im Jahr 2050 werden Nordafrika und der Nahe Osten für die Trinkwasserherstellung so viel Energie verbrauchen wie sie heute für alle anderen Prozesse zusammen verwenden." Denn zum Entsalzen von Meerwasser braucht man extrem viel Strom.
Dennoch Strom nach Europa
Gleichzeitig will Europa mehr Energie aus erneuerbaren Quellen einsetzen und kann selbst Windstrom an den Küsten im Norden produzieren. Mit Desertec könnten beide Stromquellen verbunden werden. 2020 sind erste Stromlieferungen von Nordafrika nach Europa geplant.
Kraftwerke werden ohnehin erneuert
Die Kosten für das Projekt Desertec bis 2050 werden auf 400 Milliarden Euro geschätzt, doch Max Schön gibt zu bedenken: In den nächsten 30 Jahren werde jedes Kraftwerk dieser Welt ersetzt werden, und dabei sei zu entscheiden: Ersatz durch Kohle- und Ölkraftwerke oder regenerative Energiegewinnung.
Klimaziele weiter verfolgen
Die Desertec-Planungsfirma hat mittlerweile 20 Gesellschafter, darunter Siemens, die Energiekonzerne E.On und RWE und der Versicherer Münchner Rück. Zwar sind Firmen durch die Wirtschaftskrise bei Investitionen zurückhaltender geworden, doch die Klimaziele der EU sollten auf keinen Fall verschoben werden, warnt Max Schön. Denn CO2 sammle sich in der Atmosphäre, jedes verstrichene Jahr werde anschließend teurer und werde unsere Kinder und Enkel massiv treffen.
Ölpest kann Dinge beschleunigen
Wie rasch das Projekt Desertec tatsächlich umgesetzt werden kann, sei auch eine politische Entscheidung, meint Schön. Doch Katastrophen wie die Ölpest im Golf von Mexiko könnten die öffentliche Meinung zu Gunsten von mehr erneuerbarer Energie beeinflussen.