Neuer Berufsstand als Lösung?
Jungmediziner überlastet und frustriert
Österreichs Nachwuchsärzte sind überlastet und frustriert, laut einer aktuellen Unmfrage der Ärztekammer. Junge Turnusärzte leiden unter überlangen Dienstzeiten und müssen zu oft administrative Tätigkeiten ausüben. Die Ärztekammer fordert entlastende Maßnahmen - den Turnus abschaffen will sie nicht.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 14.07.2010
Überlange Arbeitszeiten
Die IFES-Studie im Auftrag der Ärztekammer zeichnet ein Bild, das die 6500 Ärzte in Ausbildung, die Turnusärzte, wie Lehrlinge erscheinen lässt. Turnusärzte würden, anstatt ihr Handwerk vom Meister zu lernen, nur zum Würstelholen und Staubwischen herangezogen. Turnusärzte in der Ausbildung zum Allgemeinmediziner verwenden, laut der IFES-Studie, die Hälfte ihrer wöchentlichen Arbeitszeit für administrative Tätigkeiten, zum Beispiel für Schreibarbeiten. Die Zufriedenheit mit den Vorgesetzten gegenüber früheren Jahren ist gestiegen und die Gesamtarbeitszeit leicht gesunken. Aber vor allem stöhnen die Jungmediziner in der Ausbildung zum Facharzt unter überlangen Arbeitszeiten. Zwei Drittel von ihnen arbeiten mehr als die gesetzlich erlaubten 60 Stunden, ein Drittel sogar bis zu 76 Stunden in der Woche.
Resignation gegen Ende des Studiums
Dabei seien die JungmedizinerInnen, sechs von zehn Turnusärzten sind Frauen, anfangs hochmotiviert, sagt IFES-Studienautor Georg Michenthaler: "Was man auf Basis dieser Studie feststellen kann, ist, dass die letzte Ausbildungsphase eine sehr kritische ist. Dort, wo es darum geht den Übergang in den Beruf zu schaffen, entsteht sehr viel Frustration und Resignation." Die ursprünglichen Bilder des Berufs würden sich als Illusion erweisen und man bekäme den Eindruck, möglicherweise den falschen Weg beschritten zu haben, so Michenthaler. Was natürlich am Ende der mühsamen Ausbildung zum Arzt ein fataler Schluss ist.
Zu viel Schreibarbeit
Die Turnusausbildung sei schlichtweg schlecht, sagt Ärztekammer-Vizepräsident Harald Mayer. Die Ärzteschaft insgesamt sei mit Dokumentation und Schreibarbeiten überlastet und das gehe zu Lasten der schwächsten Glieder in der Kette, der Turnusärzte. "Wenn Fachärzte selbst kaum Zeit haben, mit ihrer medizinischen Arbeit fertig zu werden, ist es schwierig junge Kollegen nebenbei auszubilden. Dazu kommt, dass der Dokumentationsaufwand in den letzten Jahren gestiegen ist", erklärt Mayer.
Ärztekammer für neuen Berufsstand
Dabei sei das Dokumentieren von Krankengeschichten und Behandlungen schon wichtig und notwendig, meint Mayer. Sie liege in der Verantwortung des Arztes, müsse aber nicht von ihm persönlich durchgeführt werden. "Wir wollen Stationssekretärinnen, Stationsassistenten und Dokumentationsassistenten. Hier wäre eine Berufsgruppe notwendig, die uns von diesen Arbeiten entlastet. Nicht von der Verantwortung, sondern von der Arbeit", sagt Mayer.
Abschaffung der Turnusausbildung diskutiert
Prinzipiell soll der Turnus aber erhalten bleiben, möchte Harald Mayer. Die von Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP) angepeilte faktische Abschaffung der Turnusausbildung zugunsten eines verlängerten Facharztstudiums zum Allgemeinmediziner lehnt er ab. Sie würde, in Gestalt der direkt von der Uni weg amtierenden Jungärzte, ein medizinisches Proletariat schaffen, meint der Ärztekammer-Vizepräsident.