Anfänge und Folgen der Globalisierung
Das Handelsimperium der East India Company
Die Anfänge der Globalisierung liegen in jahrhundertealten internationalen Handelsrouten. Von 1600 an betreibt die British East India Company Handel mit Indien, insbesondere am Gipfel der Kolonialherrschaft. Gleichzeitig wachsen weißer Rassismus und die Unterdrückung von Nicht-Europäern.
8. April 2017, 21:58
Traditionelle Handelsrouten
Die Globalisierung hat nicht erst vor kurzem begonnen, und sie ist auch keine Erfindung der Europäer. Die internationalen Handelsrouten reichten seit schon der Spätantike von vom Mittelmeerraum, Afrika und dem Nahen Osten über Indien nach China.
Vor allem Kaufleute aus der islamischen Welt waren ab dem 10. Jahrhundert auf diesen Handelsrouten unterwegs. Von Alexandria in Ägypten bis Kanton in China versammelten sich daher freitags die muslimischen Gläubigen in der Moschee. Denn den Seehandel im Indischen Ozean betrieben vor allem Muslime, mit großen Schiffen um die 1.000 Tonnen, während die indischen und chinesischen Herrscher die Landrouten kontrollierten.
Der Handel im Indischen Ozean war auf den wechselseitigen Vorteil der Handelnden ausgerichtet, das Meer war frei. Die Portugiesen waren die ersten, die in diesem Handelsraum mit Waffen auftraten. Zwar blieb das Volumen des Handels mit Europa lange eher marginal, doch verschoben sich die Machtverhältnisse mit dem Eintritt der Europäer in die Handelszone Indischer Ozean, denn die Europäer beanspruchten das Meer für sich.
Ostindien-Kompanien als Vorreiter
Die Wirkungen der East India Company, gegründet 1600 in London, sind bis heute wahrzunehmen - wer den bunt bedruckten baumwollenen Morgenmantel anzieht, sich eine Tasse Tee braut, Zucker hineingibt, sich eine Zigarette anzündet oder sich über die Raucher ärgert, der kann dies tun, weil es die Ostindien-Kompanien gab. Und ohne den Opiumhandel der Briten und Nordamerikaner wäre das Drogenproblem vielleicht auch nicht so dringlich.
Handwerksprodukte und Rohstoffe
Nicht nur Briten, sondern auch Holländer, Franzosen und Dänen versuchten ihr Glück und Reichtum im Asienhandel zu finden. Gehandelt wurden, so Lakshmi Subramaniam, Kulturhistorikerin an der Jamia Millia Islamia University in Delhi, "vor allem Gewürze aus Südostasien und aus Malabar in Südwestindien; Zucker, Stoff, Indigo, eine Fülle von schönen Handwerksprodukten. Im 15. und 16. Jahrhundert dominiert der Pfeffer, das 17. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Stoffe, und das 18. Jahrhundert ist das Jahrhundert des Tees. Im 19. Jahrhundert beginnt eine Periode voll entwickelter Kolonialherrschaft. Indien und China werden Anhängsel der Ökonomie der großen europäischen Metropolen, und Indien liefert nicht mehr Handwerksprodukte, sondern Rohstoffe."
Das Volumen ist enorm: Zu Ende des 18. Jahrhunderts brachten die Europäer rund 50.000 Tonnen Güter jährlich aus Asien, die sie dort gegen Silber- und Goldbarren eintauschten, die sie aus Lateinamerika brachten. Dort schufteten Indios als Zwangsarbeiter in den Minen und starben zu Tausenden dabei. In Indien wurde das Edelmetall der Währung zugeschlagen, da die indische Währung auf dem Realwert der Gold- und Silbermünzen beruhte.
Die Europäer waren vor allem an Baumwolle, aber auch an Handwerkserzeugnissen interessiert. Für Waren aus Europa gab es in Indien oder China kaum Nachfrage, da deren Qualität mit dem asiatischen Handwerk nicht mithalten konnte
Indien, England und wieder nach Indien
Agenten der British East India Company lauschten den indischen Webern ihre Geheimnisse ab, ahmten die indischen Erzeugnisse nach und produzierten sie mit den neu erfundenen Dampfwebstühlen en masse. Da die Briten im 19. Jahrhundert in Indien faktisch die Herrschaft hatten und damit ein Handelsmonopol, konnten sie die Inder zwingen, nur noch Rohmaterial nach England zu liefern: Die Inder mussten das in England erzeugte und nach Indien rückexportierte teure Baumwolltuch kaufen. Im indischen Befreiungskampf wird Mahatma Gandhi dann die Inder aufrufen, wieder ihr eigenes Baumwolltuch zu tragen.
"Die ungleichen Machtbeziehungen zwischen den verschiedenen Teilen der Welt, die wir heute sehen, lassen sich bis ins 17. Jahrhundert und vielleicht noch weiter zurück verfolgen", sagt Miles Ogden, Professor für Geographie am Queens College in London.
Unterdrückung und weißer Rassismus
Zugleich mit der ökonomischen Kolonialisierung durch die Europäer wächst der weiße Rassismus. Die Unterdrückung von Nicht-Europäern wird bereits bei spanischen Philosophen wie Juan de Sepúlveda im 16. Jahrhundert gerechtfertigt.
Wie der Wiener Philosoph Hans Schelkshorn in seiner umfangreichen Studie "Entgrenzungen. Ein europäischer Beitrag zum Diskurs der Moderne" zeigt, werden die nicht-weißen Völker zu Menschen zweiter Klasse herabgestuft, und zwar im Namen der Humanität und Vernunft. Es sei "die Bürde des weißen Mannes", die zurückgebliebenen "Eingeborenen" und "Halbwilden " zu zivilisieren.