Peking bestreitet internationalen Vergleich

China ist größter Energieverbraucher

Laut Internationaler Energiebehörde verbraucht China erstmals mehr Energie als die USA. 2.252 Milliarden Tonnen an Öl-Äquivalent habe China im vergangenen Jahr verbraucht, das sind um vier Prozent mehr als die USA. China hat die Zahlen jetzt zurückgewiesen, ohne jedoch alternative Zahlen vorzulegen.

Morgenjournal, 23.07.2010

Größter Energiekonsument der Welt

Dass China die jüngsten Zahlen zurückweist, ist wenig überraschend. Erstens bedeutet Energie gleich Sicherheitspolitik und über diese spricht man nicht. Zweitens kommt es nicht sehr gut, wenn ein Land, das sich beispielsweise beim Klimaschutz als Entwicklungsland präsentiert, plötzlich der größte Energiekonsument der Erde ist. Allerdings verbraucht der durchschnittliche Chinese nur ein Fünftel der Energie, die ein US-Bürger konsumiert. Aber China liegt beim pro-Kopf-Energieverbrauch im internationalen Schnitt. Für Frank Haugwitz, der seit acht Jahren bei unterschiedlichen Institutionen und Firmen in China als Energieberater tätig ist, besteht kein Zweifel, dass die jüngsten Zahlen stimmen. Aber sie überraschen ihn auch nicht. Er meint, es sei nur eine Frage der Zeit gewesen bis China die USA überholte. Zu glauben, dass jeder Chinese so konsumieren werde wie jeder US-Bürger, sei aber falsch, so der Energieberater.

Ausbau Erneuerbarer Energien und AKWs

In China stehe der Wunsch nach größtmöglicher Autarkie weit oben. Haugwitz erklärt: "Mehr als 50 Prozent des Öls muss, bei gleichzeitig steigenden Preisen, importiert werden. Gas aus Australien oder Indonesien ist billiger als das in China geförderte Gas. Mit Kohle ist es dieselbe Situation. Daher sind erneuerbare Energien für China die Zukunft." Bis 2020, so der Plan der Führung, soll der Anteil von Alternativenergie auf 15 Prozent ansteigen. Dazu gehört auch die Kernkraft. In den nächsten zehn Jahren will China 23 neue Kernkraftwerke bauen. Erst vor wenigen Tagen wurde ein neues eröffnet. Im vergangenen Jahr betrug der Anteil der Alternativenergie fast neun Prozent, im Jahr 2015 sollen es elf Prozent sein. Der Bau von Elektroautos und Biosprit soll forciert werden.

Weltweit führend bei Solarenergie

Heute ist China Weltmarktführer bei der Produktion von Photovoltaik-Anlagen und den dafür nötigen Solarzellen. Die meisten davon gehen in den Export, sagt Energieexperte Haugwitz. "Im internationalen Vergleich liegt China ganz vorne, vor allem bei Qualität und Preis. Das wird von vielen im Westen teilweise ignoriert. Jetzt sind die Chinesen im Windenergie- und Solarbereich gut geworden und ein ernst zu nehmender Konkurrent." Öffentliche Gebäude werden mit Solardächern ausgestattet. Im entlegenen Westen sprießen die Windparks aus dem Boden.

Alternativenergie zu teuer für Produktion

Allerdings gibt es einen großen Schönheitsfehler. Alternativenergie ist um ein Vielfaches teurer als jene, die jetzt in China zu 75 Prozent aus Kohle gewonnen wird. Und China hat noch Kohle für die nächsten hundert Jahre. So mancher Windpark ist noch gar nicht am Netz, da der Anschluss für die Energieversorger zu teuer ist. Der Anteil installierter Alternativenergie soll in diesem Jahr drei Prozent erreichen. Denn in China kann man die Kosten nicht auf die Konsumenten umwälzen. Der Strompreis ist nicht nur staatlich festgelegt, sondern wird auch subventioniert. Die Führung weiß um das politische Gefahrenpotenzial, das eine Strompreiserhöhung bergen würde. Haugwitz dazu: "Es gibt für den Staat und für den Endverbraucher eine Schmerzgrenze. China hat noch viel energieintensiver Produktion, wie zum Beispiel Aluminium, Stahl und Zement. Um konkurrenzfähig zu bleiben, sind niedrige Energiekosten von Vorteil. "

"Geopolitisch wird es spannend"

Ohne fossile Energieträger wird China aber auch in Zukunft nicht auskommen. Es macht auch Geschäfte mit Ländern, von denen der Westen die Finger lässt. Auf den internationalen Rohstoffmärkten könnte es in Zukunft ungemütlicher werden, meint Energieexperte Haugwitz. "Irgendwann geht es jedem Land um seine Sicherheit bei der Energieversorgung. Das wird geopolitisch noch sehr spannend werden."

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