Gelungenes Debüt für Ofczarek und Minichmayr
Salzburg: Umjubelte "Jedermann"-Premiere
Montagvormittag werden die Salzburger Festspiele offiziell eröffnet. Mit einer Festrede des Dirigenten und Pianisten Daniel Barenboim. Und sie scheinen unter einem guten Vorzeichen zu stehen. Denn schon die Premiere des neuen "Jedermann" am Domplatz wurde heftig akklamiert.
26. April 2017, 12:23
Kultur aktuell, 26.07.2010
Ein junges Paar
Man spürte die Erleichterung von Nicolas Ofczarek, als ihm der Publikumsjubel warm entgegenschlug. Denn er hatte es zu Beginn nicht leicht, seinen Vorgänger Peter Simonischek in dieser Rolle vergessen zu lassen. Doch Ofczarek legt sie klugerweise ganz anders an. Zuerst ist er ein brutaler, unsympathischer Zyniker, der mit vollem körperlichen, ja tänzerischen Einsatz um seine Buhle wirbt. Diese, Birgit Minichmayr, bildet mit ihm ein Paar, das wohl kaum in der Geschichte des Jedermann so jung wirkte. Mit Witz und Ironie, in einer schlichten Robe in Orange, ist sie ein selbstbewusster Gegenpart
Doch wenn das Blatt sich wendet und der Tod auftritt, changiert Ofczarek zwischen Jammer und Wut. Er ist kein Renaissancemensch, sondern nahe an unsere Zeit herangerückt, ein reicher Mann, der sein Geld arbeiten lässt und einen Banker zum Freund hat, der zum Jammerlappen wird, wenn man ihm sein Spielzeug wegnimmt
Verzicht auf Firlefanz
Christian Stückl, der bayrische Regisseur, hat in den letzten Jahren immer wieder an seiner Inszenierung gefeilt und hat nun viel Firlefanz weggelassen und stellt Jedermann und Buhlschaft viel eindeutiger ins Zentrum als zuvor. Vor allem gelingt es ihm, den zweiten Teil, der oft langatmig sein kann, berührend und konzentriert zu gestalten.
Das liegt auch an den Guten Werken, die Angelika Richter leise und zart und gänzlich ohne die gewohnten Krücken meistert, sie bekam auch verdienten Jubel am Schluss.
Melancholischer Tod
Ben Becker ist als Tod im zweiten Jahr seiner Gestaltung ungleich wirkungsvoller als im Vorjahr, er ist kein Terminator, sondern still und melancholisch. Der Teufel von Peter Jordan ist ein Bravourstück ebenso wie sein guter Geselle. Wenn er am Schluss als schwarze Höllengestalt vergeblich um den Jedermann kämpft, erscheint er wie eine Figur aus alten Bildern oder Stichen und hat die Lacher auf seiner Seite.
Die Premiere am Domplatz am Sonntagabend hat wieder einmal gezeigt, wie lebendig dieser "Jedermann" der Gründerväter der Salzburger Festspiele noch ist, wenn man ihn intelligent und sanft erneuert. Ein Glücksfall ist auch die stetige Arbeit von Regisseur Christian Stückl, der für diese volkstheaterartige Veranstaltung mit spiritueller Botschaft wirklich eine Gabe hat, wie man sie sonst bei heutigen Regisseuren wohl nicht so schnell finden wird.