Traumhaftes Kino

Inception

Komplexe Psycho-Welten sind das bevorzugte Filmterrain von Regisseur Christopher Nolan. Nun treibt der gebürtige Brite das Spiel mit den Untiefen des menschlichen Seelenlebens auf die Spitze: "Inception" heißt ein von Nolan selbst geschriebener Film, der tief in die Welt der Träume und des Gedankenraubs eintaucht.

Kultur aktuell, 29.07.2010

Die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit aufheben, ein vielzitiertes Menschheitsthema "Inception" auf dem Prüfstand. Für die Durchlässigkeit beider Welten sorgt eine technische Maschinerie und eine nicht alltägliche Begabung: Dom Cobb (Leonardo DiCaprio) dringt in die Träume anderer Menschen ein, stiehlt ihre Ideen, manipuliert ihren Geist. Damit lässt sich Macht ausüben und Geld verdienen, aber auch der Extraktor selbst, wie Cobb genannt wird, bezahlt einen hohen Preis: Ein persönliches Drama quält ihn, seine Familie ist ihm abhanden gekommen, seine Frau durch seine Mitschuld gestorben.

Simulation eines Traums

"Inception", also nicht das Stehlen, sondern das Einpflanzen einer Idee in einen fremden Geist, könnte einen Ausweg aus Cobbs Misere bieten. Wieder: Der Traum ist der Weg. Alles, was in einem Traum vorkomme, sei letztlich von einem selbst geschaffen, "ein unendliches Potenzial tut sich hier auf", gibt sich Regisseur Christopher Nolan fasziniert.

Schon die Idee zu "Inception" mutet waghalsig an, noch mehr ist es die Umsetzung auf mehreren an- und übereinander gereihten Traum- also Handlungsebenen, denn auch in einem Traum kann man wieder träumen und so weiter. So wird der Film einerseits über Rückblenden, Zeitdehnungen und Handlungssprünge selbst zur Simulation eines Traums auf der Leinwand, andererseits entsteht langsam das Gesamtbild eines Puzzles, zusammengesetzt aus Fantasien, Projektionen, Wünschen und Begierden, aber auch Abgründen und Tragödien. Eine mitunter anstrengende Angelegenheit, die trotzdem Spannung zu erzeugen vermag, findet auch Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio.

Wegweiser für ein anderes Hollywood

Christopher Nolans etwas andere Traumdeutung ist ein wuchtiges Genrekonvolut aus Psycho-Thriller, Action-Film, Science-Fiction-Abenteuer und Liebestrauer, das visuell überwältigt und intellektuell herausfordert, aber irgendwie den Eindruck schürt, dass im Dienste der überbordenden Kreativität manchmal mehr Verwirrung gestiftet wird, als notwendig wäre.

Traumhaft ist jedenfalls auch der Erfolg an der Kinokasse, hat der Film in den USA nach zwei Wochen bereits mehr als sein 160-Millionen-Dollar-Budget eingespielt. Ein Wegweiser für ein anderes Hollywood jenseits belangloser Fortsetzungen und risikoarmer Vorlagen könnte "Inception" allemal sein.

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