Entscheidende Verhandlungen
Italien: Fiat droht Produktion abzuziehen
In Italien geht der Standortstreit um Fiat in die nächste Runde. Derzeit verhandeln ja Konzernführung, Gewerkschaften und Regierung. Nun hat Fiat seine Gangart verschärft und droht damit, die Produktion notfalls ganz aus Italien abzuziehen, wenn es zu keiner Einigung kommt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 29.07.2010
Fiat droht
Es sind schwere Geschütze, die die Fiat-Konzernführung seit gestern auffährt. Konzernchef Sergio Marchionne hat bei den Verhandlungen offenbar damit gedroht, nicht nur die geplanten Investitionen, immerhin geht es hier um 20 Milliarden Euro, zu stoppen, sondern sich ernsthaft zu überlegen, die Autoproduktion ganz aus Italien abzuziehen. Italien sei der einzige Markt auf der Welt, in dem Fiat Verluste schreibe, so Marchionne weiter. Der Presse gegenüber klingt das Ganze dann nicht mehr so dramatisch: "Gemeinsam werden wir eine Lösung finden. Das wäre das Beste für das Land. Natürlich gibt es immer eine Alternative, den Plan B, aber bleiben wir bei Plan A, das ist wichtiger."
Strenges italienisches Arbeitsrecht
Bei den Verhandlungen geht es darum eine Presche in das strenge italienische Arbeitsrecht zu schlagen, um die Produktivität zu steigern. Dabei kann Marchionne schon auf einige Erfolge verweisen: Er hat den Arbeitern in einer Fabrik bei Neapel weitreichende Veränderungen ihrer Verträge abgerungen. Bei einem anderen Standort wurde gleich eine neue Gesellschaft gegründet, um jene Arbeiter, die Zugeständnisse bei Lohn und Schichtarbeitszeiten gemacht haben, auszulagern.
Produktion nach Serbien verlagern
Und dann der Paukenschlag: Vergangene Woche hat Marchionne völlig überraschend die Produktionsverlagerung mehrerer neuer Modelle vom Stammsitz in Turin nach Serbien angekündigt. Denn man könne sich auf die Gewerkschaften in Italien nicht verlassen. Nur wenn alle Beteiligten einer maximalen Disziplin zustimmen würden, würde man sich die Sache nochmals überlegen. Unter maximaler Disziplin versteht die Konzernführung vor allem den glaubhafen Verzicht auf Streiks.
Entscheidende Verhandlungsrunde
Silvio Berlusconi hat, nachdem die Lage so eskaliert ist, Gewerkschaft und Konzernführung zum Gespräch zitiert. Arbeitsminister Maurizio Sacconi gibt sich vor der heute möglicherweise entscheidenden Verhandlungsrunde betont optimistisch. "Ich habe betont, dass die Regierung keinerlei Alleingänge wünscht. Wir verlangen von den Beteiligten eine Übereinkunft zu finden. Und ich glaube, das wird heute geschehen." Das richtet der Arbeitsminister aber nicht nur den Gewerkschaften aus, sondern auch Fiat. Immerhin hat der Konzern in den vergangenen Jahren Milliardensubventionen vom Staat erhalten.