Klaus Maria Brandauer im Journal zu Gast

Asyl für Ödipus

In der Tragödie "Ödipus auf Kolonos" spielt Klaus Maria Brandauer den greisen, blinden Ödipus. Ödipus ist ein geächteter Flüchtling, gilt als stigmatisiert, bekommt aber dann in Athen Asyl. Assoziationen zur Asylpolitik damals und heute drängen sich damit auf.

Im Journal zu Gast, 31.07.2010

Dorothee Frank spricht mit Klaus Maria Brandauer

Bemühen um Demokratie

"Damals war das, was wir heute auch haben: das Bemühen um Demokratie, der Streit zwischen Tyrannei und der Entscheide vom Volk aus", so Brandauer. Durch die Informationsflut sei es heute aber fast unmöglich, Entscheidungen (richtig) zu treffen. "Wenn Sie in unseren Blätterwald schauen, dann sehen Sie ja, dass selbst, was die Fakten anbelangt, - wenn Sie verschiedene Zeitungen an einem Tag lesen, sehen Sie verschiedene Fakten dort stehen, nur um eventuell eine Blattlinie zu unterstützen oder - was noch viel schlimmer ist - aus Indolenz, aus 'Weil's wurscht is'. Das ist etwas, was ganz schrecklich ist. Und dieses Problem hatten die Athener und haben wir heute", meint Brandauer.

Die Menschen aufklären

Die Asylpolitik sei ein sehr schweres Feld, meint Brandauer, denn "die armen Politiker müssen erst einmal für ihre Partei Wahlen gewinnen - das erschwert die Sache kolossal." Fremdenpolitik bedeute aber erst einmal, die Menschen aufzuklären, was das bedeutet. "Wir müssen uns fragen, hast du deine Heimat gern? Da sagt doch jeder ja. Dann kannst du dir doch sehr gut vorstellen, dass ein anderer in Aserbaidschan sein Dorf sehr gern hat, aber wenn er dort nicht mehr bleiben darf und so weiter."

Brandauer empfiehlt, die Asylpolitik endlich aus dem parteipolitischen Streit herauszunehmen, sonst werde Österreich ein drittklassiges Land. "Aufklärung tut not; Schulbildung, Staatsbürgerkunde, Religion, Philosophie muss den Menschen erklärt werden. Die Welt ist dermaßen kompliziert und gleichzeitig unglaublich einfach", so Brandauer.